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Polizeikontrollen ohne Verdacht

■ CDU geht mit Entwurf zur Verschärfung des Polizeigesetzes in die Offensive. SPD lehnt „verdachtsunabhängige Kontrollen“ ab. Justizsenatorin kritisiert Widerspruch zu Rechtsstaatlichkeit

Die CDU drängt im Bereich Innere Sicherheit auf eine härtere Gangart. Auf der Fraktionsklausur präsentierte das Arbeitsforum „Innere und soziale Sicherheit“ die Forderung, in das Allgemeine Sicherheits- und Ordnungsgesetz (ASOG) solle „eine Rechtsgrundlage für sogenannte ,verdachtsunabhängige Kontrollen‘“ aufgenommen werden.

Nach dem Vorschlag, den der innenpolitische Sprecher der Fraktion, Dieter Hapel, der SPD bereits im vergangenen Jahr als Gesetzesinitiative auf den Tisch gelegt hat (die taz berichtete), soll das Landespolizeigesetz dahingehend geändert werden, daß Polizeikontrollen jenseits von Straftatverdacht oder den sogenannten „gefährlichen Orten“ durchgeführt werden dürfen. Im Klartext hieße das: Polizeikontrollen immer und überall.

Hapel hatte seinen Gesetzentwurf damit begründet, daß „bestimmte Tätergruppen die Stadt dann meiden würden“. Er ziele auf die Eindämmung der Organisierten Kriminalität.

Beim Oppositionspartner SPD findet der Scharfmacher der CDU- Fraktion keine Zustimmung für seinen Vorschlag. Hans-Georg Lorenz, innenpolitischer Sprecher der SPD, sagte gestern, „die SPD ist grundsätzlich nicht geneigt, solchen Plänen nachzugeben“. Wenn die CDU den Punkt wieder auf die Tagesordnung setze, werde man den Vorschlag zwar prüfen. Aber „im ASOG gibt es doch ohnehin die Möglichkeit, an den ,gefährlichen Orten‘ zu kontrollieren“, sagte Lorenz, „da muß uns die CDU erst mal erklären, welche Mängel bestehen, ob das vorgeschlagene Mittel geeignet und ob es verhältnismäßig ist“.

Justizsenatorin Lore Maria Peschel-Gutzeit (SPD) spricht sich noch deutlicher gegen den CDU- Vorschlag aus. „Der Grundsatz der Rechtsstaatlichkeit spricht dagegen, verdachtsunabhängige Kontrollen bei Bürgern durchzuführen, wenn keine konkreten Anhaltspunkte für widerrechtliche Handlungen vorliegen.“ Der Dissens zwischen SPD und CDU reicht noch länger zurück: Schon in den Koalitionsverhandlungen, so Peschel-Gutzeit, hätte das Thema auf der Tagesordnung gestanden. Aufgrund der unterschiedlichen Auffassungen sei kein derartiges Vorhaben in die Koalitionsvereinbarung aufgenommen worden.

Bei der Gewerkschaft der Polizei dagegen findet der CDU-Vorstoß Unterstützung. Der Stellvertretende GdP-Vorsitzende Peter Trapp hat die Initiative bereits begrüßt und auf die Notwendigkeit einer Rechtsgrundlage für verdachtsunabhängige Kontrollen gegen die Organisierte Kriminalität hingewiesen.

Nach dem geltenden ASOG sind nur verdachtsgebundene Kontrollen gestattet. Ausgenommen sind die in §21 ASOG definierten „gefährlichen Orte“, polizeilich eingerichtete Kontrollstellen und gefährdete Objekte. Hapel schlägt nun vor, auch an überörtlichen Bahnhöfen, auf Autobahnen und Landstraßen ohne konkreten Tatverdacht Personen zu durchsuchen und Personalien aufzunehmen. Ohne die Zustimmung der SPD allerdings hat die Initiative der CDU, die in der Fraktionsklausur noch einmal beschlossen wurde, keine Aussicht, in Gesetzesform gegossen zu werden. Die Opposition von Bündnisgrünen und PDS lehnen diese sicherheitspolitische Linie ohnehin ab. Barbara Junge

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