PDS zum Verfassungsfeind erklärt

■ Innensenator verzichtet aber auf Beobachtung des gesamten PDS-Landesverbands durch den Verfassungsschutz

Innensenator Jörg Schönbohm (CDU) hat „keinerlei Zweifel“ an der verfassungsfeindlichen Ausrichtung des gesamten PDS-Landesverbandes. Dennoch wolle er aus Gründen der Verhältnismäßigkeit von einer Beobachtung der gesamten Partei durch den Verfassungsschutz absehen, sagte er gestern vor dem parlamentarischen Verfassungsschutzausschuß. Eine Beobachtung könne einen Solidarisierungseffekt auslösen, so Schönbohm. Spätestens im nächsten Jahr müsse aber erneut entschieden werden.

„Die extremistische Ausrichtung der PDS gründet sich bereits in der personellen und organisatorischen Kontinuität zur SED“, so Schönbohm. Als weitere Anhaltspunkte für die Verfassungsfeindlichkeit der PDS wertete er das Parteiprogramm, in dem die Einrichtung von „Räten“ gefordert werde, sowie die Kontakte der Bezirksgruppe Kreuzberg zu zahlreichen linksextremistischen Gruppen. Die PDS stelle in Berlin „ein besonderes Bedrohungspotential“ dar.

Sieben Untergruppen der PDS sollen weiterhin mit nachrichtendienstlichen Mitteln observiert werden, sagte Schönbohm, darunter die Kommunistische Plattform und die Arbeitsgemeinschaft Junge GenossInnen. Sie zeichneten sich durch orthodox marxistisch-leninistisches bzw. militant- anarchistisches Gedankengut aus.

Nach Angaben der PDS-Vorsitzenden Petra Pau habe sich eine der sieben Gruppen, die Arbeitsgemeinschaft Autonome in und bei der PDS, längst aufgelöst. Pau wertete die Beobachtung durch den Verfassungsschutz als Versuch, die PDS zu kriminalisieren. Dies sei Bestandteil der Wahlkampfstrategie der CDU. Die PDS gehe davon aus, daß die gesamte Partei im Visier des Verfassungsschutzes stehe, da eine isolierte Beobachtung einzelner PDS-Diskussionsgruppen nicht möglich sei.

CDU- und SPD-Vertreter äußerten sich im Verfassungsschutzausschuß zustimmend zu Schönbohms Entscheidung. Die bündnisgrüne Abgeordnete Renate Künast kritisierte, daß der Innensenator den Prüfbericht des Verfassungsschutzes dem Ausschuß nicht vorlege. Sie halte Schönbohms Ausführungen zur angeblichen Verfassungsfeindlichkeit der PDS für „überzogen“. „Ich habe kein ernsthaftes Wort darüber gehört, wie gefährlich die PDS ist“, sagte Künast. Schönbohms Ausführungen erinnerten sie an den früheren christdemokratischen Innensenator Heinrich Lummer, der die Alternative Liste in den 80er Jahren mit ähnlichen Formulierungen in die verfassungsfeindliche Ecke gestellt habe.

Der PDS-Abgeordnete Gernot Klemm forderte nach dem Vorbild Niedersachsens, eine Aggressionsklausel in das Verfassungsschutzgesetz einzuführen. Als beobachtungswürdig gelten dann nur solche Bestrebungen, die das politische System der Bundesrepublik mit Gewalt ändern wollen. Rein programmatische Äußerungen, die auf eine andere Gesellschaftsordnung zielen, fielen nicht mehr darunter. Dorothee Winden