: Neues Tempodrom erhält Zeltdach
■ Der Neubau des Tempodroms am Anhalter Bahnhof ist wieder als Zeltbau geplant. 26-Millionen-Mark-Entwurf von Frei Otto löst Ökobau ab. Altes Tempodrom muß Kanzleramt weichen
Back to the roots: Der Neubau des Tempodroms auf dem Areal am Anhalter Bahnhof entsteht wieder als Zeltbau. Statt der bisherigen Planung, die Arena unter einem Öko-Holzdach mit Solarkuppel zu verstecken, ist nun vorgesehen, über dem runden Zuschauerraum ein festes Zeltdach – ähnlich dem des Münchener Olympiastadions – zu errichten. Aus der Dachlandschaft sollen sieben Mastspitzen ragen, zwischen denen die aufschwingende Stoffhaut aufgespannt wird. Für die Seitenwände, hinter denen die Verwaltung und Foyers liegen, ist eine verglaste Fassade vorgesehen.
Die Entscheidung, die bestehenden Pläne zu ändern und den Entwurf des Stuttgarter Architekten Frei Otto auf den Schild zu heben, sei nötig geworden, da der Ökobau „viel zu teuer gekommen“ wäre, sagte gestern Tempodrom- Chefin Irene Moessinger. „Wir haben das Konzept überdacht und uns für etwas Neues ausgesprochen.“ Die Leichtbaukonstruktion mit schalldichter Hülle sei wesentlich günstiger und könne zudem schneller realisiert werden als das ursprüngliche Modell. Für das Zelt-Tempodrom ist nun eine Bausumme von 26 Millionen Mark veranschlagt. Der Ökobau der Architektin Jutta Kalepki sollte rund 50 Millionen Mark kosten.
Das Besondere an dem Entwurf sei, daß der Schall etwa von lauter Musik durch die mehrschichtige Membran in der Zeltwand so gedämmt werde, daß keine Geräuschbelästigungen entstünden, betonte Otto. Es sei heute möglich, Leichtkonstruktionen zu bauen, „die den Schall nicht nach draußen lassen“. Frei Otto verwahrte sich gegen den Vorwurf, sich in die Planung „reingedrängt“ zu haben. Nach Aussage von Moessinger werde die Architektin Kalepki nach wie vor am Bauvorhaben beteiligt. Das Bezirksamt Kreuzberg hatte im Frühjahr den Bebauungsplan für das Tempodrom am Anhalter Bahnhof gebilligt. Stadtentwicklungssenator Peter Strieder sagte dem Tempodrom die finanzielle Unterstützung des Senats zu. Dem Land seien bis zu 60 Millionen Mark aus dem Umweltförderprogramm der EU angekündigt worden. Daraus könnte ein „nicht unerheblicher Teil“ für das Zelt bereitgestellt werden.
Nicht sicher dagegen ist die Entschädigung von sieben Millionen Mark aus der Staatskasse, erinnerte Arnulf Rating, Vorsitzender der Stiftung Tempodrom. Weil das bisherige Tempodrom im künftigen Regierungsbezirk liegt und bereits 1998 umziehen soll, verlangen die Betreiber vom Bund eine Ausgleichzahlung. Nach den Plänen wird das neue Haus aber erst 1999 „bespielbar“. „Ein Saisonverlust wäre ein ungeheurer Schaden“, sagte Moessinger. Die übrigen Mittel hofft das Tempodrom durch die „Steinreich-Kampagne“ und Investoren zu erhalten.
Kritik an dem Projekt äußerte Kreuzbergs bündnisgrüner Bürgermeister Franz Schulz. Bevor der Neubau genehmigt werde, müsse erst geklärt werden, ob die Membran wirklich schalldicht ist, betonte Schulz. Rolf Lautenschläger
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