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Strahlung steigern

■ Zum Tschernobyl-Jahrestag: Preag will mehr Atomkraft per Gerichtsbeschluß

Bloß keine falsche Pietät. Am Donnerstag, just einen Tag vor dem elften Jahrestag der Tschernobyl-Katastrophe, reichte die PreussenElektra (Preag) Klage gegen den Beschluß des Kieler Energieministeriums ein, einer Leistungserhöhung des Brokdorfer Atommeilers nicht zuzustimmen.

Vor einem Monat hatte die Kraftwerksbetreiberin beantragt, die Höchstleistung des Reaktors von 3765 auf 3850 Megawatt zu erhöhen. Energieminister Claus Möller (SPD) und sein Staatsrat Willi Voigt (Bündnis 90/ Die Grünen) aber hatten dankend abgelehnt. Eine Leistungserhöhung, so Voigt, würde „mehr Strahlung und Atommüll, aber weniger Sicherheitsreserven“bedeuten. Gestern kritisierte das rot-grüne Ministeriumsgespann die beim Schleswiger Oberverwaltungsgericht eingereichte Klage scharf: Mit der Leistungserhöhung werde das „mit dem Betrieb verbundene Risiko erhöht“, so daß „das gesamte Sicherheitskonzept auf den Prüfstand“müsse.

Möller und Voigt bekräftigten zum Tschernobyl-Jahrestag, daß sie „den Betrieb der drei Atomkraftwerke Brunsbüttel, Brokdorf und Krümmel so schnell wie möglich nach Recht und Gesetz beenden“wollen. Diesen Willen aber bezweifeln vier norddeutsche Anti-Atominitiativen, die ein Resümee der Kieler Energiepolitik zogen.

Der „Aktionskreis Stillegen“, der „Arbeitskreis Leukämie Unterelbe“und zwei weitere Gruppen kritisierten, daß auch von dem Grünen Voigt „keinerlei Ausstiegsaktivitäten“ausgingen. Während der Staatssekretär seine „Gestaltungsmöglichkeiten“nicht nutze, würden grüne atomkritische Konzepte „wegen einer befürchteten Störung des Koalitionsfriedens gar nicht erst im Koalitionsausschuß vorgetragen“werden.

Wenig Konsequenzen wird auch der zeitweise Ausfall von einem der wichtigsten Sicherheitssysteme des AKWs Brunsbüttel haben, der Anfang der Woche bekannt geworden war. Sofortmaßnahmen, so entschied Kiel, seien nicht notwendig. Da der Grund für den Defekt am sogenannten Kernflutsystem aber weiterhin unklar ist, sollen externe Gutachter mit der Ursachenaufklärung beauftragt werden.

Marco Carini

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