■ US-Senat: Zögerliches Ja zum Chemiewaffen-Abkommen: Alte Denkmuster bleiben aktuell
Die USA sind mit dabei, wenn das Chemiewaffen- Übereinkommen am kommenden Dienstag in Kraft treten wird. Aber der US-Senat, der internationale Abkommen und Verträge billigen muß, hat sich mit der Entscheidung schwer getan. Die Ratifizierung kam kurz vor Toresschluß. Die Dramatik des Entscheidungsprozesses läßt sich allerdings kaum mit dem Übereinkommen und aus der Wirkung von Chemiewaffen selbst erklären. Der Washingtoner Hindernislauf verweist vor allem auf interne amerikanische Orientierungsprobleme.
Das geplante Abkommen zur Bannung von Chemiewaffen wurde in den USA als willkommene Gelegenheit genutzt, um grundsätzlich über das Für und Wider von Abrüstungsabkommen zu diskutieren. Gekleidet in die Behandlung von Paragraphen zum Schutz vor Chemiewaffen wurden, Jahre nach dem Ende des Kalten Krieges, ideologische Grundsatzfragen debattiert: Hat die einzige verbliebene Supermacht es überhaupt nötig, ihre Entscheidungen über Art und Anzahl der eigenen Waffen von anderen (schwächeren) Staaten abhängig zu machen? Ist es nicht ein Angriff auf die nationale Unabhängigkeit, wenn Inspektoren aus anderer Herren Länder ihre Nase in die heimischen Labors und Waffenschmieden stecken? Solcherart Probleme beschäftigen heute nicht nur stramm konservative US-Senatoren. Dahinter steckt die schlichte Haltung: Die internationale Zusammenarbeit (hier: bei der Rüstungskontrolle) ist nicht deshalb gut, weil sie zu friedlicheren Umgangsformen führen kann – gut ist allein, was amerikanischen Machtinteressen nützt.
Die Aktualität der überwunden geglaubten alten Denkmuster werden auch deutlich im Umgang der Vertragsgegner mit Rußland – gut ein halbes Jahrzehnt nach dem Ende der Sowjetunion. Eine ihrer Hauptforderungen war es, Moskau zu zwingen, den Vertrag zu ratifizieren, indem die amerikanische Ratifizierung von dem entsprechenden Akt Rußlands abhängig gemacht werden sollte. Das ist keine Kooperation, sondern Machtpolitik. Noch tun sich die US-Senatoren schwer damit, eine neue Außenpolitik in Zeiten internationaler Zusammenarbeit zur praktischen Gewohnheit werden zu lassen. Immerhin: die Schlußabstimmung fiel mit 74 zu 26 Stimmen überraschend deutlich zugunsten des Chemiewaffen-Vertrages aus. Das ist ein richtiger Schritt, wenngleich in alten, ausgetretenen Schuhen. Andreas Rostek
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