Das Portrait: Der Mann für den nahen Osten
■ Rudi Geil
Geht es nach dem Willen des Bundeskanzlers, verläßt Rudi Geil, christdemokratischer Innenminister Mecklenburg-Vorpommerns, nach vier Jahren den Schweriner Politikbetrieb wieder gen Bonn: Er soll Ostbeauftragter der Bundesregierung werden. Der 60jährige gehört zu den ältesten Freunden Kohls; beide kennen sich aus gemeinsamen Jahren in Rheinland-Pfalz. In Mainz leitete Geil die Ressorts Umwelt, Wirtschaft und Inneres. Davor war der Katholik Diplomhandelslehrer in Lahnstein und Koblenz. Niemand attestiert ihm höchstes rhetorisches Talent, dafür aber um so mehr Neigung zur Umgänglichkeit – was ihm unter anderem die Ehrenmitgliedschaft des Miesauer Stammtischs „Die Plattmacher“ eintrug.
Im Schweriner Innenministerium trat Geil, ein von allen politischen Parteien respektierter Verwaltungsprofi, ein äußerst umstrittenes Erbe an. So mußte er unter anderem die Ausländerhatz in Rostock sowie Bestechungs- und Bereicherungsskandale in Polizei und Verfassungsschutz aufarbeiten. Geil geriet auch öfters in Schwierigkeiten durch die Seilschaften seiner eigenen, vorwiegend aus Schleswig- Holstein stammenden Parteifreunde, wenn auch nicht mit den Konsequenzen seiner Amtsvorgänger.
Als rechte Jugendliche Campingplätze überfielen, schottete Geil sein Ministerium ab und verhängte seiner Behörde einen Maulkorb. Auskünfte über den Vorfall sollte sie keine mehr geben – zugleich Ausdruck von Hilflosigkeit und einem gestörten Verhältnis der Öffentlichkeit gegenüber. Und: Mit der unter Geils Regie angelaufenen Spielbankenlizenzvergabe im Lande beschäftigt sich noch ein Parlamentarischer Untersuchungsausschuß.
Geil gilt – gemessen an Bundesinnenminister Kanther – als liberal, seine Politik als moderat. Er plädiert für die Integration von Ausländern und lehnt drakonische Programme zur Bekämpfung rechtsradikaler Haltung unter Jugendlichen ab.
In Schwerin wird erzählt, daß CDU-Ministerpräsident Berndt Seite insgeheim froh ist über die Demission Geils: Denn Geil hat, im Gegensatz zu manch anderem Kabinettsmitglied, den Ruf, man könne ihn nur bedingt einschüchtern. Zudem soll der Pfälzer sich als Alternative zu Seite für das Amt des Regierungschefs angeboten haben – für Seite allenthalben Grund genug, seinen Innenminister gerne wieder ziehen zu lassen. JaF
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