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Allein unter Männern

■ Weibliche Kuriere – sie fahren nicht wie die Henker und sind trotzdem schnell

Ornella Baltrusch ist 20 Jahre alt, ungelernt und an allen sichtbaren Hautpartien oberhalb des Kinns gepierct. Birte Jensen ist 27, gelernte Schneiderin und fällt weniger durch ihr Äußeres, als durch ihr Lachen auf. Alex Berninger, ebenfalls 27, war einst Sekretärin und sieht auch ein wenig danach aus – zumindest wenn lange Ärmel ihre Tätowierungen bedecken. Eines aber haben die Drei gemeinsam: Sie sind Fahradkurierinnen.

Rund 200 KurierInnen fahren durch Hamburg, soviel wie in keiner anderen deutschen Stadt, doch nur fünf Prozent von ihnen sind Frauen.

Grund? Der Anfang ist für Frauen härter als für Männer, sagt Jan Oehring von Hamburgs größtem Anbieter Der Kurier (Deku). Einsteigerinnen werde mit einem gewissen Mißtrauen begegnet, was ihre körperlichen Fähigkeiten betrifft. Birte von den Funkpiloten (FuPis) bestätigt das: „Wenn du als Frau neu einsteigst, ist es auf jedem Fall schwerer, sich zu behaupten – wenngleich Anfänger immer abloosen, egal ob Frauen oder Männer." Bei Fortgeschrittenen allerdings, fällt ihr nun ein, würden Fehler doch geschlechtsspezifisch behandelt. „Wenn wir Mist bauen, müssen wir uns schon mehr Texte gefallen lassen.“

Einmal etabliert, seien Frauen aber „voll akzeptiert“, meint Birte – „wenn du gut bist“. Und wann ist frau gut? Ob Fahrerin oder Fahrer, sie müssen zehn bis zwölf Touren pro Tag fahren. „Aber wir brauchen für die gleichen Fahrten länger“, meint Alex. Das habe zwar auch mit der jeweiligen Fitneß zu tun, aber das „Leistungsvermögen“sei bei Frauen eben generell niedriger.

Für die Funkdienste ist das kein Problem – sie kriegen in jedem Fall eine Festpauschale vom Kunden. Geschmälert wird eher der Geldbeutel der fahrenden Frauen. Trotz gleichlanger Arbeitszeit „springt nur dreiviertel von dem raus, was Männer verdienen“, sagt Alex.

Trotzdem hätten Frauen im Männergewerbe auch Vorteile, findet Björn Börnemann von den FuPis. Frauen hätten einen besseren Überblick übers Straßennetz und würden Aufträge besser kombinieren. „Dadurch sparen sie dann wieder Zeit ein.“Und noch einen Unterschied hat Björn beobachtet: „Männer fahren wie die Henker.“Den Fahrerinnen fehle diese Aggressivität.

Mangelnde Aggressivität bedeute für die Kurierfahrerinnen aber keineswegs einen Nachteil, meint Detlef Peukert vom Bundesverband der Fahradkurierdienste in Bremen: Die Männer erzielten zwar schneller Spitzenwerte, aber ihre Kolleginnen führen beständiger. „Frauen sind gute Langstrecklerlerinnen, die können auch abends um sechs Uhr noch volle Leistung bringen.“

Wenn die geringere Körperkraft durch so viel andere Qualitäten aufgewogen wird – warum nur sind weibliche Kuriere dann so selten? An den Einstellungskriterien liege es jedenfalls nicht, versichert DeKU-Geschäftsführer Oehring: „Die sind nicht geschlechterspezifisch, die Anzahl der Fahrerinnen entspricht den Bewerbungen.“Das sehen Birte, Ornella und Alex nicht anders. Sven Dehner, Vorsitzender des Vereins selbständiger Bikerkuriere bei DeKu, geht sogar einen Schritt weiter: „Wir würden mehr Frauen auf jedem Fall begrüßen, allein schon deshalb, weil die die Athmosphäre auflockern.“

Vielleicht also liegt es an mangelndem Selbstbewußtsein, daß so wenig Frauen Kurierinnen sind, meint die 20jährige Ornella, die schon seit über drei Jahren durch Hamburgs Straßen düst: „Gefragt sind Powerfrauen, für eine Powerfrau aber halten sich die wenigsten.“

Ornella sei so eine Powerfrau, beteuern Alex und Birte, die stehe vielen Männern in nichts nach. Dafür futtert sie, genau wie ihre Kolleginnen, wie ein Scheunendrescher. Wer viel leistet, verbrennt auch viel. Jan Freitag

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