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Richter retten BSE-Rinder

■ Zwei Gerichte kommen gleichzeitig zu gegenteiligen Urteilen über die Verordnung zur Tötung von Rindern

Freiburg (taz) – Die deutsche BSE-Politik steht erneut vor dem Scheitern. Auch die zweite BSE- Schutzverordnung über die Tötung von Rindern aus Großbritannien, Nordirland und der Schweiz droht im Strudel unterschiedlicher Gerichtsentscheidungen zerrieben zu werden. Am vergangenen Freitag billigte zwar der Verwaltungsgerichtshof (VGH) Kassel die Verordnung als rechtmäßig. Parallel dazu kam jedoch das Oberverwaltungsgericht (OVG) Lüneburg zu exakt dem gegenteiligen Ergebnis. Die niedersächsischen Richter bezeichneten die Anordnung als „offensichtlich rechtswidrig“.

Seit Monaten schon versucht die Bundesregierung, die Tötung von insgesamt 5.200 aus Großbritannien und der Schweiz stammenden Kühen durchzusetzen. Damit soll jedes Infektionsrisiko für deutsche Herden ausgeschlossen, vor allem aber das angeschlagene Vertrauen der FleischverbraucherInnen wiederhergestellt werden.

Die betroffenen RinderhalterInnen aber wehrten sich vor Gericht gegen die angeordneten Massentötungen. Häufig mit Erfolg. Die erste BSE-Schutzverordnung vom Januar wurde von zahlreichen Gerichten nicht anerkannt, weil bei ihrem Erlaß der Bundesrat nicht ordnungsgemäß beteiligt war. Mitte Februar setzte die Bundesregierung ein neues Verfahren in Gang – jetzt mit Beteiligung der Länderkammer.

Doch auch die fast völlig identische zweite BSE-Schutzverordnung stößt bei Gerichten auf Ablehnung. Es sei nicht möglich, so das OVG Lüneburg, die Verordnung auf das Tierseuchengesetz zu stützen, weil BSE „keine Tierseuche“ sei. Weder werde BSE „horizontal“ in einer Herde von Tier zu Tier übertragen, noch lasse sich eine „vertikale“ Übertragung vom Mutterrind auf das Kalb wissenschaftlich belegen. Die Richter stützen ihren Beschluß auf die Aussagen mehrerer Wissenschaftler und Forschungsinstitute. Diese führen BSE entweder ausschließlich auf die Verfütterung kontaminierten Tiermehls zurück oder halten den Infektionsweg von Tier zu Tier zumindest für „bedeutungslos“.

Am gleichen Tag hatten allerdings die Hessischen Verwaltungsrichter ganz anders entschieden. Sie bejahten eine Seuchengefahr, die auch die Tötung „unverdächtiger“ Tiere zulasse. Ein „unlogisches Urteil“, findet der in Lüneburg siegreiche Anwalt Dirk Büge aus Oberhausen: „Man kann die englischen Rinder nicht einerseits als ,unverdächtig‘ und gleichzeitig als ,Infektionsherd‘ bezeichnen.“ Das Borchert- Ministerium war konsequenter gewesen. Dort hatte man die betroffenen Rinder als „verdächtig“ eingestuft; eine Einschätzung, der sich nun aber auch das hessische Obergericht nicht anschließen wollte.

In den nächsten zwei Wochen wird eine Entscheidung des für Nordrhein-Wstfalen zuständigen OVG Münster erwartet. Da es sich jeweils um Eilverfahren handelt, ist der Weg zum Bundesverwaltungsgericht nicht möglich. Christian Rath

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