: Einsatz für die Literatur
■ Aus Freiburg kommend, jetzt schon in Oldenburg und Bremen – die „GrauZone“breitet sich auch im Norden aus
Carola Ebeling und Søren Harms sind keine Misanthropen. Trotzdem basteln die Bremerin und der Oldenburger an einer neuen „GrauZone“, und das mit durchaus missionarischem Eifer. An jeder Hochschule soll die „GrauZone“präsent sein, fordern sie, „überall in der Welt“.
Kein düsteres Orakel, vielmehr ein Versprechen auf Hoffnung für diejenigen, die hierzulande Literatur produzieren und konsumieren. Die „GrauZone“ist eine vierteljährlich erscheinende, professionell aufgemachte Literatur-Zeitschrift, bereits seit zwei Jahren in Freiburg erfolgreich auf dem Markt und neuerdings in Oldenburg mit eigener Redaktion vertreten. Noch eine Literaturzeitschrift, wird sich nun mancher fragen. Doch die „GrauZone“, so die MacherInnen, bietet etwas Besonderes: Sie ist die bislang einzige Zeitschrift, die explizit Gegenwartsliteratur bespricht. Indem sie die neue Literatur der 90er Jahre thematisiert, will sie jungen AutorInnen, die bislang im Schatten der Literaturpreise werkelten, das Streben ans Licht erleichtern.
Freilich kann eine ernstzunehmende Literaturzeitschrift nicht in blinder Ignoranz an den Großen vorbeigehen. So finden sich neben neuen Namen denn auch so bekannte wie der der österreichischen Provokateurin Monika Wogrolly, der Theodor-Körner-Preisträgerin Margit Schreiner oder der Wiener Dramatikerin Marlene Streeruwitz. Einen guten Riecher bewiesen die „GrauZone“-MacherInnen, als sie den Lyriker Durs Grünbein im Blatt präsentierten, noch bevor dieser den Büchner-Preis erhielt.
Doch gilt diesen Shooting-Stars der Literatur nicht das Hauptinteresse der „Grauzone“. Dieses richtet sich, wie es in einem Editorial nicht ohne Selbstironie heißt, auf das „Leiden der jungen SchriftstellerInnen, die mit offenen Augen und kantigen Ellbogen nach den wenigen Chancen und offenen Geldbeuteln lugen“. Damit verbunden ist der Anspruch, den immerzu zwischen neuerscheinenden Bücherbergen verlorenen LeserInnen einige Orientierungshilfen zu geben.
Zwei Jahre, nachdem die aus sechs Freiburger GermanistikstudentInnen bestehende Redaktion die erste „Grauzone“herausgab, ist die Auflage von 400 auf 2.000 Stück gestiegen – plus 500 eigens in Oldenburg hergestellten Regionalteilen, die als Beilage erscheinen. Hauptinitiator der „RegioZone“ist Søren Harms, der vor seinem Umzug in den Norden in Freiburg studierte und bereits auf einige Texte für die „GrauZone“zurückblicken kann. Er war sicher, daß es auch im literarisch eher unauffälligen Oldenburger und Bremer Land etwas zu entdecken gäbe. Davon konnte er vier weitere KommilitonInnen überzeugen, die nun seit einem halben Jahr den Großteil ihrer Freizeit der „RegioZone Oldenburg/Bremen“opfern.
Die erste fünfzehnseitige Ausgabe rezensiert erotische Geschichten op Platt, meldet Zweifel an am Erfolg des Theaterstückes „Kunst“, liefert Porträts und Interviews zur Literatour Nord. Die soeben herausgekommene zweite Lokalausgabe der „GrauZone“folgt dem Schwerpunktthema des Mantel-Teiles und widmet sich der „Krimi-Zeit“: Vorgestellt wird neben einem Autor von Perry-Rhodan-Romanen auch der erste Oldenburger Lokalkrimi.
Zuweilen wirken die Essays, Interviews und Rezensionen etwas hölzern, gestehen die AutorInnen der GrauZone selbstkritisch. „Wir sind Semi-Profis“, meint Søren Harms, setzt jedoch selbstbewußt nach: „Und das soll auch so bleiben.“Zumindest die RegioZone soll ihren „Werkstattcharakter“behalten, schließlich verfolgen nicht alle AutorInnen das Ziel, sich mit ihrem Engagement eine journalistische Berufsperspektive zu eröffnen. „Ich mache das, weil es mir eine andere Art des Schreibens ermöglicht als in einer Hausarbeit“, sagt die Germanistikstudentin Carola Ebeling. „Es ist ein Ausprobieren. Dahinter steckt auch ein Stück Egoismus: das zu tun, was mir gefällt.“
Ohne diesen Spaß an der Sache wäre die „GrauZone“wahrscheinlich längst vom Markt verschwunden. Doch das Gegenteil ist der Fall: Das Produkt der Literaturverliebten aus Frei- und Oldenburg ist mittlerweile bei Verlagen, Buchhandlungen und Einrichtungen wie dem Literaturkontor so bekannt wie beliebt.
Allein bei ihren KommilitonInnen treffen die MacherInnen der „GrauZone“zuweilen auf Unwissenheit oder gar Ignoranz, wenn sie ihren Stand in den Unis von Oldenburg und Bremen aufbauen. „Manchmal komme ich mir da vor wie eine Vertreterin“, bedauert Carola Ebeling. Aber schließlich mache man diese Zeitschrift nicht allein für die eigene Zunft: „Man muß kein Germanist sein, um sie zu lesen.“ dah
Die „GrauZone“ist in den meisten Buchläden und an den Unis erhältich und kostet rund fünf Mark
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