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UNHCR setzt Evakuierung aus

■ 91 Flüchtlinge aus Ruanda sterben bei einer Panik in einem Zug in Ostzaire. Hunderte hatten zuvor die Bahn gestürmt

Genf/Kisangani (AFP/rtr) – Nach der Tragödie in dem völlig überfüllten Flüchtlingszug in Ostzaire hat das UN-Hochkommissariat für Flüchtlinge (UNHCR) gestern den Transport der Flüchtlinge per Zug von Biaro nach Kisangani ausgesetzt. Dies gelte bis die Sicherheitsbedingungen zufriedenstellend seien, sagte UNHCR- Sprecher Francis Kpatinde in Genf. Die Flüchtlinge würden nun mit Lastwagen nach Kisangani gebracht, von wo sie in ihre Heimat Ruanda geflogen werden.

Nach jüngsten Angaben von Hilfsorganisationen und Krankenhäusern kamen bei einer Panik in dem Flüchtlingszug am Sonntag 91 Menschen ums Leben, 48 seien verletzt worden. Die Verwaltung der Allianz der Demokratischen Kräfte für die Befreiung Kongo- Ex-Zaires (ADFL) hatten dem UNHCR gemeldet, 2.800 Flüchtlinge kämen mit dem Zug. Es war aber klar, daß mehrere hundert zusätzlich in die Waggons geklettert waren. Überlebende berichteten, Tausende Flüchtlinge hätten sich auf den Zug gestürzt. Dabei seien die Schwachen, Kranken und Kinder regelrecht zerquetscht worden. Bei der Ankunft im Lubunga- Bahnhof von Kisangani zeigte sich, daß die Menschen auf Dutzenden von Leichen gestanden hatten. Wer die Fahrt überlebte, suchte verzweifelt nach Angehörigen.

Es sei das Schrecklichste gewesen, was er in all seinen Jahren als Helfer gesehen habe, sagte Kilian Kleinschmidt, Leiter des UNHCR-Büros in Kisangani. Er appellierte an die Rebellen, die die Region beherrschen und die Eisenbahn betreiben, die Repatriierung der Flüchtlinge der UNO zu überlassen.

Der Bonner UNHCR-Sprecher, Stefan Telöken, übte scharfe Kritik an den zairischen Rebellen. Im Inforadio Berlin-Brandenburg erklärte er, daß sie verantwortlich für die nicht geordnete Rückkehr der Flüchtlinge seien. „Wenn es so bleibt, wie es derzeit dort ist, kann man solche Szenen auch weiterhin nicht ausschließen“, sagte Telöken. „Es sieht danach aus, als ob die UNO vorgeführt werden soll.“ Die zairischen Rebellen hatten dem UNHCR eine Frist von zwei Monaten zur Rückführung der Hutu-Flüchtlinge nach Ruanda gegeben.

Nach dem ergebnislosen Treffen zwischen dem zairischen Präsidenten Mobutu Sese Seko und Rebellenchef Laurent-Désiré Kabila kündigte letzterer an, seine Truppen würden weiter auf die Hauptstadt Kinshasa vorrücken. Die Rebellen stünden bereits 60 Kilometer vor dem Flughafen von Kinshasa. Unmittelbar nach einem Gespräch mit Mobutu auf einem südafrikanischen Kriegsschiff am Sonntag hatte Kabila noch eine Unterbrechung des Vormarschs seiner Einheiten bekanntgegeben. Gleichzeitig erneuerte Kabila seine Forderung nach einem Rücktritt Mobutus.

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