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Finito für Finis Empfang in Berlin

CDU-Politiker in der Hauptstadt machen eine Kehrtwende: Italienischer Postfaschist erst nach heftigen Protesten der Opposition von offiziellem Empfang wieder ausgeladen  ■ Aus Berlin Christian Füller

Der rote Teppich lag schon bereit. Am 14. Mai wollten der Berliner Innensenator Jörg Schönbohm (CDU) und Parlamentspräsident Herwig Haase (CDU) den Chef der italienischen Postfaschisten (Alleanza Nazionale), Gianfranco Fini, zum Meinungsaustausch empfangen. Exgeneral Jörg Schönbohm, der gerade mit brachialer Effizienz den Berliner Ersten Mai und die Bürgerrechte niedergehalten hat, hatte vor, mit dem selbsterklärten Postfaschisten sinnigerweise über die „Effizienz von Verwaltung in Großstädten“ zu diskutieren.

Doch Haase und Schönbohm bekamen gestern plötzlich kalte Füße und luden den Besucher wieder aus. Haases Begründung: Das Gespräch habe nach Protesten von PDS, Grünen und SPD eine politische Bedeutung erhalten, die dem Termin nicht zukomme.

Nun steht noch ein politischer Termin für Fini in der Hauptstadt aus. In der Europäischen Akademie soll der Neofaschist über die „europa- und außenpolitischen Vorstellungen“ der italienischen Rechten sprechen. Zu der Diskussion, die als Gegengewicht zu den protokollarischen Empfängen gedacht war, sind 400 Diplomaten und Wissenschaftler geladen.

Finis Visite hat in der Hauptstadt Empörung und Ablehnung ausgelöst. Die Europaabgeordnete Dagmar Roth-Behrend (SPD) fand „es unglaublich“, daß Innensenator Schönbohm einen Neofaschisten empfängt. Auch Wolfgang Thierse, SPD-Parteivorstand und Berliner Bundestagsabgeordneter, zeigte sich befremdet. Der Innensenator müsse den Chef „der Nachfolgeorganisation der italienischen Faschisten nicht durch ein Gespräch über Verwaltungsprobleme aufwerten“, zumal Fini keine Kompetenz dafür habe.

Die Berliner Bündnisgrünen hatten die Absage des Fini-Besuchs am Wochenende eingeleitet. Sie hielten es „für einen schweren politischen Fehler“, dem „Antidemokraten und Europafeind Fini“ ein Forum zu geben. Auch PDS- und SPD-Fraktion rieten dringend ab, „Herrn Fini die protokollarische Ehre eines Gesprächs mit dem Berliner Parlamentspräsidenten zu erweisen“.

Auf den Parlamentspräsidenten Haase sind SPD und PDS schlecht zu sprechen. Herwig Haase hatte den Empfang für den Neofaschisten in Nadelstreifen höchst eigenmächtig eingefädelt. Er habe die Zustimmung seiner Vizepräsidentinnen eingeholt, rechtfertigte sich der Parlamentspräsident. Marianne Brinckmeier (SPD) und Marina Michels (PDS), beide Mitglieder dieses Gremiums, wiesen dies getsern empört zurück.

Zu Mussolini hat Gianfranco Fini, der 43jährige smarte Postfaschist, ein besonderes Verhältnis: Mussolini, sagt Fini, sei einer der größten Führer Italiens gewesen. Vor allem die Zeit vor 1938 hat es Fini angetan – da gab es noch keine Rassengesetze, da gab es noch gute Faschisten.

Offiziell will der Alleanza-Vorsitzende – wie so oft – als Privatmann nach Berlin reisen. Seine Termine in Berlin besorgte ihm diesmal Paolo Faiola. Der italienische Generalkonsul, der Fini wie sauer Bier in Berlin feilbot, sieht die Alleanza Nazionale „als ganz normale Partei“. Faiola erklärte der taz, Fini komme rein privat.

Weil er aber politisch denke, mache er auch Besuche: Sogar beim Regierenden Bürgermeister Eberhard Diepgen (CDU) klopfte Faiola an. Dort allerdings vergeblich. Eberhard Diepgen hatte am 14. Mai leider keinen Termin mehr frei. Die italienische Botschaft erklärte hingegen, es sei nicht Aufgabe des Generalkonsuls, das Reiseprogramm von Privatleuten zu organisieren.

Kommentar Seite 10

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