: Senator gibt Liebe eine Chance
■ Ausländische Partner in schwulen und lesbischen Beziehungen sollen leichter als bisher eine Aufenthaltserlaubnis bekommen. Schönbohm: aber nur Ausnahme
Die Lage von lesbischen und schwulen Paaren, von denen ein Partner einen ausländischen Paß besitzt, soll jetzt geringfügig verbessert werden. Wenn die ausländische Person eine Aufenthaltserlaubnis für die Bundesrepublik beantragt, kann die Ausländerbehörde in Zukunft großzügiger entscheiden. Innensenator Jörg Schönbohm (CDU) will die MitarbeiterInnen der Behörde darauf hinweisen, daß es einen Ermessensspielraum für die Entscheidung gibt. Der Antrag muß nicht, wie bislang übliche Praxis, abgelehnt werden.
Was andernorts eine Selbstverständlichkeit ist, gilt in Berlin schon als Fortschritt. Nach den Erfahrungen von Rechtsanwalt Dirk Siegfried, der zahlreiche binationale Homopaare vertritt, hat die Ausländerbehörde in bisherigen Verfahren ihren Ermessensspielraum nicht angewandt. Anders als in Nordrhein-Westfalen oder Sachsen-Anhalt hätten Paare in Berlin bislang kaum Chancen, eine Aufenthaltserlaubnis für den ausländischen Partner zu bekommen. Positive Gerichtsurteile aus anderen Bundesländern seien ignoriert worden, so Siegfried.
Eine Aufenthaltserlaubnis sei auch dann verweigert worden, wenn der deutsche Partner über ein für beide ausreichendes Einkommen verfügte.
Heterosexuelle binationale Paare können dieses Problem durch eine Heirat lösen. Homosexuellen binationalen Paaren bleibt nur die Wahl zwischen jahrelangen, zermürbenden Prozessen mit unsicherem Ausgang oder dem Weg in die Illegalität: Schätzungsweise 90 Prozent der Betroffenen gehen eine Scheinehe ein. Wie viele binationale Homopaare es in Berlin gibt, läßt sich nicht feststellen. Etwa sechs betroffene Paare wenden sich pro Monat ratsuchend an die MitarbeiterInnen des Fachbereichs für gleichgeschlechtliche Lebensweisen bei der Senatsjugendverwaltung.
Nach Schönbohms Klarstellung sind für die derzeit etwa 15 anhängigen Fälle die Chancen für die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis gestiegen. Rechtsanwalt Dirk Siegfried fordert darüber hinaus, auch alle bislang abgelehnten Fälle wieder neu aufzurollen.
Die Klarstellung geht auf eine Kleine Anfrage der bündnisgrünen Abgeordneten Ida Schillen zurück. Ein dreiviertel Jahr benötigte die Senatsverwaltung für Inneres für die Antwort – ein Zeichen dafür, daß die vier an der Beantwortung beteiligten Senatsverwaltungen (Jugend, Frauen, Ausländerbeauftragte und Inneres) hinter den Kulissen heftig um die künftige Linie rangen.
Anlaß zu großen Hoffnungen gibt die Antwort allerdings nicht: Zum einen bedeutet die Ausnutzung des Ermessensspielraums noch lange nicht, daß dies auch zu einem positiven Ergebnis führt. Zudem interpretiert Innensenator Jörg Schönbohm ein Urteil des Bundesverwaltungsgerichtes dahingehend, daß es „höchstens in besonderen Ausnahmefällen“ einen Anspruch auf eine Aufenthaltserlaubnis gebe.
Eine Weisung an die Ausländerbehörde, wonach unter bestimmten Voraussetzungen die ausländischen Partner grundsätzlich eine Aufenthaltserlaubnis erhalten, will Schönbohm nicht erteilen. Die Hoffnungen richten sich jetzt auf progressivere Bundesländer, die mit einer mustergültigen Weisung Maßstäbe vorgeben könnten, die sich dann auch im rückständigen Berlin von den binationalen Homopartnern einfordern ließen. Dorothee Winden
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