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„Keiner kann verlangen, daß wir Märtyrer spielen“

■ Altenwerder: Jetzt weicht auch der letzte Grundeigentümer den Baggern der Stadt

„Es ist schmerzlich, zu sehen, wie hier alles umgegraben wird.“Werner Boelke blickte ernst in die Journalistenrunde gestern morgen in Altenwerder. Die Bagger sind bis kurz vor sein Wohnhaus am Dreikatendeich vorgerückt. Sie haben restlos alles plattgemacht und abgeholzt, was auf der 250 Hektar großen Elbinsel plattzumachen und abzuholzen war. Den Rest – Unkraut und Baumstümpfe – wird in dieser Woche eine drei Meter hohe Sandschicht erledigen, die für die Hafenerweiterung aufgespült werden soll.

Das hält selbst Werner Boelke nicht mehr aus. Auch der letzte Grundeigentümer Altenwerders wird nun wegziehen. „Ich habe 25 Jahre gekämpft. Ich konnte das Dorf und Biotop nicht retten. Für alles, was künftig geschieht, ist nur noch die Stadt verantwortlich.“Die Verhandlungen mit der Wirtschaftsbehörde um finanzielle Entschädigung, ein gleichwertiges Haus und Grundstück an einem anderen Ort laufen seit Anfang Mai. Kommt es zur Einigung, „muß natürlich auch die Klage gegen die Hafenerweiterung zurückgenommen werden“, wissen Boelke und sein Anwalt Michael Günther. Der Stadt stünde dann niemand mehr gegenüber, der ihr den Hafenausbau juristisch vermasseln könnte.

Boelke war nach seiner Niederlage vor dem Oberverwaltungsgericht im Herbst vors Bundesverfassungsgericht gezogen. Bislang ist unklar, ob sich die höchste Instanz überhaupt des beanstandeten Eingriffs in Boelkes Privateigentum annehmen wird. Die Zerstörung der Natur ließe sich ohnehin nicht rückgängig machen, beklagt Herbert Nix vom Förderkreis Rettet die Elbe. Die Naturschutzorganisation will ihre Klage zwar aufrechterhalten. Die Erfolgsaussichten gelten allerdings als gering.

Auch politisch gilt Altenwerder als tot. „Das ist vorbei“, sagen selbst PolitikerInnen der GAL, die den ökonomisch umstrittenen Hafenausbau jahrelang zu verhindern suchten. In Koalitionsverhandlungen komme es deswegen darauf an, „für die Zukunft Francop und Moorburg aus dem Hafenerweiterungsgebiet herauszulösen“, sagt GAL-Referent Detlev Grube.

„Keiner kann verlangen, daß wir Märtyrer spielen“, sagt Fischer Heinz Oestmann. Der bärtige Seemann, Symbolfigur für den Widerstand gegen den Hafenausbau, hat sich bereits mit der Stadt geeinigt (siehe taz vom 13.5.): Er wird im kommenden Jahr nach Finkenwerder ziehen. Dort wurde ihm ein Grundstück angeboten, auf dem er auch seinen Fischereibetrieb in der achten Generation aufrechterhalten kann. Wirtschaftssenator Erhard Rittershaus (parteilos) habe dem städtischen Mieter mit lebenslangem Wohnrecht in Altenwerder Investitionszuschüsse zugesagt, „weil es sich auch um eine Betriebsumsiedlung handelt“. Solche Zuschüsse hätten sämtliche Verhandlungsführer zuvor verweigert.

Die Angebote, die Boelke erhielt, waren dagegen bislang „alle inakzeptabel“. Entweder seien die Häuser bewohnt oder die Gärten zu klein, moniert er. Er stelle sich deshalb auf beides ein: „Wegziehen oder Weiterkämpfen.“ hh

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