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■ Am Tag als der Regen kamKleiner Bach überflutet ein ganzes Dorf

Jeinsen. Der große Regen kam am Pfingstsonntag um 16 Uhr. In Jeinsen, einem 1 200-Seelen-Ort südlich von Hannover, kannte man Überschwemmungen bisher eigentlich nur aus dem Fernsehen und war über die Abkühlung an einem drückend-schwülen Maitag zunächst dankbar. Doch die Gelassenheit der Dorfbewohner hatte bald ein Ende.

Die Beeke, ein bis dahin eher unscheinbarer kleiner Dorfbach, verwandelte sich im Laufe des Nachmittags in Folge der heftigen Gewitterfälle in einen reißenden Fluß. Gegen 19 Uhr trat der Bach über seine Ufer. In wenigen Minuten war die Hauptstraße des Dorfes auf mehreren hundert Metern überflutet. Kurze Zeit später standen auch die ersten Keller unter Wasser.

Frank Gierk gehört zu denen, die es am Schlimmsten im Dorf erwischt hat. Der 34jährige Lebensmittelhändler hat gerade von seiner Versicherung erfahren, daß er gegen Hochwasser-Schaden nicht geschützt ist. „Aber wer rechnet denn auch mit so was hier bei uns“, erzählt der Einzelhändler. Die ganze Nacht über hat er versucht, zu retten, was zu retten war, 40 Zentimeter hoch stand das Wasser in seinem Laden. Nicht nur ein Teil seiner Waren, auch die Heizungsanlage und das Kühlhaus im Keller sind ruiniert. Über die genaue Schadenshöhe will er lieber nicht nachdenken.

Feuerwehr und Technisches Hilfswerk sind auch am Pfingstmontag noch mit mehr als 200 Mann im Einsatz, um Keller und Häuser wieder leerzupumpen. Kaum ein Gebäude ist in dem alten Ortskern von Jeinsen verschont geblieben, per Schlauchboot fahren die Helfer auf der Dorfstraße von Haus zu Haus. Wie es zu dem unerwarteten Hochwasser in dem kleinen niedersächsischen Ort kam, darüber kann Feuerwehr-Einsatzleiter Gerd Nolte nur spekulieren. „Die Felder haben die Wassermassen bei den andauernden Regenfällen irgendwann nicht mehr aufnehmen können, und dann ist der ganze Dreck hier herunter ins Dorf geflossen“, mutmaßt Nolte.

Hannover/Bremen. Mal schwüle 30 Grad, dann Gewitter mit heftigen Niederschlägen – extreme Wetterlagen bestimmten in Niedersachsen und Bremen die Pfingsttage. Besonders in der Nacht zum Pfingstmontag richteten schwere Regen- und Hagelschauer zum Teil beträchtliche Schäden an und behinderten den Straßenverkehr. Verletzt wurde nach Angaben der Polizei jedoch niemand. Gleichzeitig blieben die von Experten befürchteten hohen Ozonkonzentrationen weitgehend aus.

Großen Schaden richtete das Wetter in der Nacht zum Pfingstmontag in Beckdorf (Kreis Stade) an. Dort brannten eine Tischlerei und die angeschlossene Fensterproduktionshalle nach einem Blitzschlag aus. Der Sachschaden wird auf mehr als eine Million Mark geschätzt. Im Raum Rotenburg/Wümme und Winsen/Luhe mußten in derselben Nacht Feuerwehren zu mehr als 170 Einsätzen ausrücken, um umgestürzte Bäume zu beseitigen und vollgelaufene Keller auszupumpen.

Starke Regenfälle haben am Pfingstsonntag abend auch in den Straßen von Bremen-Nord für ein Verkehrschaos gesorgt. Einige Personenwagen blieben in Tunnelabschnitten stecken und standen „bis zum Dach“im Wasser. Ein Autofahrer habe sich auf das Fahrzeugdach gerettet und um Hilfe gerufen. Fahrer und Autos seien von Polizei und Feuerwehr geborgen worden. Nach Angaben der Feuerwehr mußten zudem rund 40 Keller ausgepumpt werden.

Sigrun Stock/dpa

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