: Einwanderer gut für die Wirtschaft
Neue Studie des US-Kongresses widerlegt Vorurteile über Immigranten als Jobkiller und Belastung der Sozialetats – als Rentenzahler von morgen sind sie sowieso nötig ■ Aus Washington Peter Tautfest
Auf 10 Milliarden Dollar schätzt eine neue Studie den Beitrag der Einwanderer zum Bruttoinlandsprodukt der USA, die insgesamt durch die Einwanderung einen meßbaren Vorteil hat.
In den USA, dem Einwandererland par excellence, hat sich das öffentliche Ressentiment gegen Einwanderer gerichtet. Einwanderer seien für alle Unbilden im Land verantwortlich.
1994 hatte eine Volksbefragung in Kalifornien illegalen Einwanderern den Zugang zum Sozial- und Schulsystem ver- wehrt und letztes Jahr wurden im Rahmen der Novellierung der Sozialgesetze selbst legale Einwanderer von Leistungen abgeschnitten.
Nun liegt die bisher umfangreichste Studie vor – in Auftrag gegeben von der „Kommission zur Reform des Einwanderungsrechts“, die den Kongreß in seiner Einwanderungsgesetzgebung berät. Ganz abgesehen von dem Vorteil den amerikanischen Konsumenten dadurch haben, daß billige Lohnarbeit von Immigranten die Preise der Waren heruntertreiben, sind langfristig gesehen Immigranten Nettosteuerzahler.
Zwar kosten Einwanderer vorübergehend mehr, als sie an Steuern erwirtschaften. Für die Beispielstaaten New Jersey und Kalifornien belief sich diese Differenz auf 1.484 und 3.463 Dollar im Jahr pro vierköpfige Einwandererfamilie. Doch nach etwa 20 Jahren kehrt sich das Verhältnis um. Einwandererfamilien werden sogar eher zu Nettosteuerzahlern als geborene US-Amerikaner, weil die Kinder schneller mit der Schule fertig sind und eher zu arbeiten und damit Steuern zu zahlen beginnen.
In einzelnen Fällen sinken allerdings in der Tat die Berufschancen und der Lohn schlecht ausgebildeter „einheimischer“ US-Amerikaner aufgrund der Bereitschaft der Einwanderer, niedrig bezahlte Arbeit anzunehmen. Vor allem aber die Vorstellung, daß Einwanderer aus Mittel- und Südamerika den einheimischen Afroamerikaner Jobs wegnehmen, läßt sich nicht halten. Dies trifft nur in ausgewählten Regionen wie New York und Los Angeles zu. In der Regel aber konkurrieren diese Bevölkerungsgruppen gar nicht um den gleichen Arbeitsmarkt, da Schwarze in städtischen Agglomerationen konzentriert, Einwanderer aber auf der Arbeitsuche sehr mobil sind. Einwanderer werden in den USA den Löwenanteil des Bevölkerungswachstums stellen und damit die Sozial- und Rentenleistungen erwirtschaften, die auf Rentenversicherung und die öffentlichen Haushalte durch die bevorstehende Pensionierung der geburtenstarken Jahrgänge (baby boomers) zukommen.
Dies ist innerhalb von zwei Jahren bereits die zweite umfangreiche Studie, die die gängigen Mythen über die wirtschaftlichen Auswirkungen von Immigration widerlegt. Ende 1995 legte das konservative Cato-Institut eine Studie vor. Sie wies nach, daß die Einwanderung in die USA (auf die Gesamtzahl der Bevölkerung umgerechnet) niedriger ist als zu Anfang dieses Jahrhunderts und daß Einwanderer nicht nur Arbeitsplätze einnehmen, sondern auch neue schaffen. Die von Immigranten gegründeten kleinen und mittelständischen Betriebe schaffen soviel neue Arbeitsplätze, wie von ungelernten Immigranten eingenommen werden.
Die jetzt vorgelegte Studie wurde von einem 12köpfigen Team unter der Leitung von James P. Smith von der RAND Corporation ausgearbeitet.
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