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Schulte und Kohl als Ritter des Ostens

■ Heute präsentieren in Berlin DGB, DAG, Bundesregierung und Arbeitgeber die Osthilfe. Show oder ernsthafter Versuch?

Berlin (taz) – Monatelang hat DGB-Chef Dieter Schulte im Hintergrund die Fäden gesponnen, heute soll das Ergebnis mit einem Paukenschlag vorgestellt werden: Die „gemeinsame Initiative für mehr Arbeitsplätze in Ostdeutschland“. Mit dabei: Bundeskanzler Helmut Kohl und führende Repräsentanten der Wirtschaft, die Deutsche Angestellten-Gewerkschaft und ostdeutsche Ministerpräsidenten.

Gewerkschaften und Arbeitgeber werden heute auf einer gemeinsamen Pressekonferenz in Berlin versprechen, den Nachteil der ostdeutschen Wirtschaft abzubauen. Kernstück ist dabei die Reduzierung der Lohnstückkosten, die gegenüber Westdeutschland noch immer um 50 Prozent höher liegen. Gewerkschaften und Arbeitgeber wollen außerdem den Flächentarifvertrag reformieren, um auf betrieblicher Ebene einen größeren Spielraum zu ermöglichen. Dabei soll es auch Sonderregelungen für die Einstellung von Auszubildenden und Langzeitarbeitslosen geben. Auch befristete Einstellungen sollen vermehrt angesteuert werden.

Die Wirtschaft verspricht im Gegenzug, mehr Produkte aus dem Osten zu kaufen und ihre Standorte dort zu stärken. Gut 50 Prozent mehr will die Industrie bei Ostzulieferern ordern. Die Banken versprechen zugleich, in Not geratenen Unternehmen besser zu helfen und mit Risikokapital auszustatten. Als Beitrag der Bundesregierung dient das Versprechen, die steuerliche Ostförderung bis zum Jahr 2004 fortzuschreiben.

Grundlegend Neues bietet das Bündnis nicht an. Schon heute existieren in vielen Branchen weitgehende Sonderregelungen, reduzieren Tausende Lehrer und Kindergärtnerinnen freiwillig ihre Arbeitszeit und nehmen Lohneinbußen hin. Der Beschäftigungszuwachs ist jedoch gleich null.

Die bekanntgewordenen Punkte wurden gestern relativ skeptisch beurteilt. Aus Gewerkschaftskreisen hieß es, man könne sich eine noch größere Zurückhaltung in der Tarifpolitik vorstellen, Nullrunden beim Lohn werde man allerdings nur in Bereichen hinnehmen, deren Produktivität „sehr deutlich unter dem Westniveau liegt“. Einen Zuwachs an Arbeitsplätzen sehe man nicht. Im Arbeitgeberlager scheint die Stimmung ebenfalls verhalten. Ein Verbandssprecher sprach gegenüber der taz von einer „PR-Aktion von Kohl“. Schließlich hätte man in vielen Bereichen bereits heute gute Handlungsinstrumentarien. Es fehle an direkten Lohnsubventionen. Möglich wären Niedriglöhne, die durch staatliche Hilfen aufgestockt würden. Annette Rogalla

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