: Postbank im Schnellverkauf
■ Dresdner Bank bestreitet Gerüchte um den Kauf der Aktienmehrheit. Bei den drei Postnachfolgern werden bis zum Jahr 2000 weitere 70.000 Arbeitsplätze verschwinden
Berlin (taz/dpa/rtr) – Einen gewissen Wirbel hat ein internes Gutachten der Bundesanstalt für Post und Telekommunikation (BAPT) ausgelöst. Die Studie des englischen Bankhauses J. Henry Schroder spielt die Möglichkeiten für einen schnellen und möglichst profitablen Verkauf der Postbank durch. Die Süddeutsche Zeitung und der Branchendienst Platow- Brief hatten gestern berichtet, daß die von Schroder favorisierte Variante ein Verkauf der Aktienmehrheit an die Dresdner Bank wäre.
Der Hintergrund: Theo Waigel will noch 1997 für etwa 3,5 Milliarden Mark Postbank-Aktien losschlagen. Das wäre über einen Verkauf an viele Anteilseigner durch einen Börsengang aus Zeitgründen kaum noch zu schaffen. Außerdem hat die Postbank in diesem Jahr durch außerplanmäßige Rückstellungen einen Verlust von 1,2 Milliarden Mark in der Bilanz stehen – was den Verkaufskurs an der Börse nicht gerade in die Höhe treiben würde. Die Beherrschung des Unternehmens wäre dem Alleinkäufer hingegen einen saftigen Bonus wert.
Sowohl die Dresdner Bank gestern auf ihrer Hauptversammlung als auch das BAPT durch ihren Vorstandschef Hans Gottfried Bernrath haben ein derzeitiges Interesse. Die Dresdner Bank jedoch dementiert: Vor eineinhalb Jahren habe die Dresdner durchaus ein derartiges Angebot unterbreitet, hieß es übereinstimmend. „Das ist aber nicht akzeptiert worden“, so Bernrath. Gegenwärtig gebe es keinen Plan für einen Verkauf an die Dresdner. Bernrath schloß aber nicht aus, daß ein einzelner Anteilseigner ein großes Paket der Postbank kaufen wird. Im Gespräch waren früher Bausparkassen und Versicherungen, die die Nutzungsrechte der derzeit 12.000 Filialen der Postbank bei der gelben Post für ihre Geschäfte gut nutzen könnten.
Bislang hält der Bund die Aktien der Postbank. Im Februar beschloß die Bundesregierung, daß die gelbe Post sich mit 17,5 Prozent an der Postbank beteiligen darf. Gesetzlich ist vorgesehen, daß der Verkauf von Bundesunternehmen der breiten Streuung von Aktienvermögen in der Bevölkerung dienen soll – also gerade nicht an wenige Großaktionäre.
Unabhängig von Börsengängen und Privatisierungszeitplänen werden die Mitarbeiterzahlen der Postnachfolger Telekom, Post AG und Postbank weiter drastisch schrumpfen: Von den derzeit 510.000 Stellen der drei Konzerne werden laut einem Interview von Postminster Wolfgang Bötsch (CSU) bis zum Jahr 2000 noch etwa 70.000 abgebaut. Den Löwenanteil des Stellenabbaus würden dabei Telekom (derzeit 200.000 Beschäftigte) und Post (derzeit 300.000) zu leisten haben. Der Bund muß bis 2010 knapp die Hälfte der Pensionsleistungen an Expostbeamte zahlen, etwa 75 Milliarden Mark. Das Geld sollte vor allem aus den Aktienverkäufen und Dividenden der drei Folgeunternehmen kommen. Nun erwägt Waigel aber, zum Beispiel die Telekom-Aktien zum Stopfen von akuten Haushaltslöchern zu nutzen. Reiner Metzger
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