Frauen als Kapital

■ Prostitution: Innensenator Wrocklage gegen Sexanzeigen in Bild und Mopo

„Günstige, dicke Russin“, „zwei Russenteenies, neu“oder „Thai, 19J., BH 20, süß, alles“werden zum Kauf angeboten. Und auch „Carmen aus Ägypten ist wieder da“. Seitenlang werden „glattrasierte Muschis“, „Riesen-Oberweiten“und „Geldzurückgarantie“angepriesen. Und zwar nicht in Playboy oder Pornoheftchen, sondern in Hamburger Morgenpost und Bild.

Sexanzeigen in „zwei großen Hamburger Tageszeitungen“seien „Grundlagen der immer stärker zunehmenden Prostitution in sogenannten Modell-Wohnungen“, kritisierte Innensenator Hartmuth Wrocklage (SPD) am Sonntag abend auf einer Veranstaltung zur „Handelsware Frau“.

1000 Anzeigen würden täglich geschaltet, recherchierten Wrocklages Ermittler. Das ergebe „monatliche Einnahmen der Hamburger Presse von 2,2 Millionen Mark“. In aller Klarheit müsse er feststellen: „Diese Zeitungen verdammen oft auf ihren Titelseiten – gern mit Photos nackter Frauen – die Taten bekleideter Milieugrößen und verdienen im hinteren Teil des Blattes mit mehreren Seiten eindeutiger Anzeigen Millionen.“

Der Frontalangriff auf die Zeitungen, die Wrocklage gerne wegen der zunehmenden Kriminalität geißeln, soll nach dem Willen des Innensenators nicht ohne Folgen bleiben. Die Polizei „prüft“derzeit, „ob und wie wir diese Anzeigenflut zumindestens eingrenzen können“. Auf welcher gesetzlichen Grundlage dies geschehen soll, wollte Wrocklage gestern im Gespräch mit der taz nicht verraten. Seine Kritik sei „ein Appell zum Nachdenken“. Man prüfe „diese Frage in aller Sensibilität“und suche „Kontakt zu den Verlagshäusern“.

Indirekt macht Wrocklage somit die Boulevardpresse für den Frauenhandel mitverantwortlich. 6000 Prostituierte arbeiten derzeit in Hamburg, 2000 von ihnen in sogenannten Modell-Wohnungen, darunter ein hoher Anteil an ausländischen Frauen. Die Prostitution sei eng verknüpft mit Frauenhandel und zugleich Bestandteil organisierter Kriminalität, so Wrocklage. 15 Fälle von Menschenhandel wurden in den vergangenen Jahren in Hamburg registriert. Fast nie wollten die Frauen aussagen, fast immer waren den Opfern „die Pässe und sämtliches Geld weggenommen“worden.

Das Ausländerrecht sei die einzige Handhabe gegen die Menschenhändler, „damit aber auch gegen die Opfer“. Dennoch will Wrocklage auf Abschiebung nicht verzichten. Frauen seien das „Kapital“der Menschenhändler und Zuhälter. Wenn man sie bekämpfen wolle, „müssen wir dieses Kapital entziehen und Nachschub erschweren“.

Silke Mertins