piwik no script img

In schlechter Verfassung

■ Disput um Kontrolle der Polizei

Kann die Polizei von einer unabhängigen Instanz kontrolliert werden? Innensenator Hartmuth Wrocklage (SPD) meint: Nein. Eine Kontrollkommission, wie der Parlamentarische Untersuchungsausschuß (PUA) sie als Konsequenz aus dem Polizeiskandal vorgeschlagen hat, sei nicht mit der Verfassung zu vereinbaren. Das Recht auf Akteneinsicht und Zugang zu Polizeiwachen berühre die Sphäre der Exekutive. Diese Stellungnahme Wrocklages zum PUA-Bericht (taz berichtete am 31.5.97) nahm der Senat gestern billigend zur Kenntnis.

Inzwischen sieht auch Holger Christier, innenpolitischer Sprecher der SPD, Probleme. Die notwendige Zweidrittelmehrheit für eine Verfassungsänderung sei mangels CDU-Unterstützung „nicht in Sicht“. Das rot-graue Kontrollmodell durch einen Unterausschuß im Parlament zu ersetzen, wäre ihm aber „auf jeden Fall zu wenig“.

Der Initiator des PUA-Beschlusses, Statt-Gruppenchef Achim Reichert, begreift die Überraschung gar nicht recht. Eine Verfassungsänderung sei „immer vorgesehen“gewesen. Um der sich sträubenden SPD entgegenzukommen, habe man sich aber auf eine zweijährige Erprobung eingelassen. Doch die Verfassung „auf Probe“zu ändern, sei ihrer unwürdig. Nun sind unter Reicherts Federführung mit SPD und Behördenmitarbeitern Verhandlungen vereinbart.

Das Problem sei doch ganz einfach zu lösen, würde man nur auf die GAL hören, befindet deren Polizeiexperte Manfred Mahr. Für sechs Jahre könne ein Polizeikontrolleur analog zum Datenschutzbeauftragten geschaffen werden. Wenn der sich bewähre, wäre eine Verfassungsänderung zu prüfen. Eine Kontrollkomission mit eingeschrängten Rechten aber sei „Alibi“und „können wir uns schenken“. sim

Eine Koalition, die was bewegt: taz.de und ihre Leser:innen

Unsere Community ermöglicht den freien Zugang für alle. Dies unterscheidet uns von anderen Nachrichtenseiten. Wir begreifen Journalismus nicht nur als Produkt, sondern auch als öffentliches Gut. Unsere Artikel sollen möglichst vielen Menschen zugutekommen. Mit unserer Berichterstattung versuchen wir das zu tun, was wir können: guten, engagierten Journalismus. Alle Schwerpunkte, Berichte und Hintergründe stellen wir dabei frei zur Verfügung, ohne Paywall. Gerade jetzt müssen Einordnungen und Informationen allen zugänglich sein. Was uns noch unterscheidet: Unsere Leser:innen. Sie müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Es wäre ein schönes Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen