: Parlamentswahlen in Algerien
■ Nach Anschlägen im Wahlkampf mobilisieren die Behörden mehr als 300.000 Soldaten und Polizisten
Algier (AFP/taz) – Fünf Jahre nach dem Militärputsch haben die Algerier gestern erstmals wieder ein Parlament gewählt. Unter scharfen Sicherheitsvorkehrungen suchten die Menschen die Wahllokale auf, um über die Vergabe der 380 Sitze im Parlament zu entscheiden. Die Behörden mobilisierten mehr als 300.000 bewaffnete Soldaten und Polizisten. Während des Wahlkampfs waren über 180 Menschen bei Anschlägen, vermutlich von radikalen Islamisten, getötet worden.
Bis zum frühen Nachmittag verliefen die Wahlen weitgehend ruhig. Die Wahlbeteiligung in der Hauptstadt Algier war gestern vormittag jedoch mäßig. Die Wahllokale sollten um 20 Uhr schließen, die Ergebnisse werden für heute erwartet. Rund 40 Parteien und etwa 7.700 Kandidaten bewarben sich um einen Parlamentssitz.
Die meisten Chancen werden der erst vor drei Monaten gegründeten Nationaldemokratischen Sammlungsbewegung (RND) eingeräumt, die Präsident Liamine Zéroual nahesteht. Als Hauptkonkurrent galt die gemäßigt islamistische Bewegung der Gesellschaft für den Frieden (MSP, früher MSI-Hamas). Ihr Führer, Scheich Mahfoud Nahnah, hatte bei den Präsidentschaftswahlen vor zwei Jahren 25,4 Prozent der Stimmen erreicht.
Ebenfalls islamisch-fundamentalistisch ausgerichtet ist die Bewegung Ennahda (Wiedergeburt) von Abdala Djaballah. Weitere Oppositionsparteien, die sich Hoffnungen machen konnten, sind die frühere Einheitspartei Nationale Befreiungsfront (FLN), die Front der Sozialistischen Kräfte (FFS) und die Sammlungsbewegung für Kultur und Demokratie (RCD). Reportage Seite 8
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