Die Raumökonomen

■ Die Berliner Innenarchitekten Jürgen Patzak-Poor und Michael Matuschka entwickeln individuelle Konzepte, um kleine Altbauwohnungen optimal zu nutzen

taz: Warum interessieren Sie sich gerade für die Gestaltung kleiner Altbauwohnungen?

Jürgen Patzak-Poor: Je höher die Quadratmeterpreise sind, desto mehr muß man der kleinsten Einheit vielfältige, ökonomische Nutzungsmöglichkeiten anbieten. Ein Mauerdurchbruch beispielsweise schafft die Offenheit, sich so oder so zu bewegen. Wir versuchen herauszufinden, wie die täglichen Handlungen im Alltag eines Kunden ablaufen. Aufstehen, Waschen, in die Küche gehen. Dann versuchen wir einen Grundriß zu entwickeln, der die Wege auf keinen Fall behindert, sondern ermöglicht. Keine Umwege, bei denen man den Müll durch das Eßzimmer tragen muß.

Michael Matuschka: Oft ist in Altbauwohnungen das Bad zwar vom Flur erreichbar. In die Küche kann man aber nur durch den Wohnraum. Dadurch verliert der Wohnraum seine Qualität. Dagegen haben wir ein Konzept entwickelt, das Bad und Küche auf kleinstem Raum miteinander kombiniert und doch trennbar hält.

Werden aber nicht gerade in kleinen Wohnungen die Wege von den Nutzern selbst mit Möbeln verstellt?

Patzak: Wir versuchen auch vorhandene Nischen etwa als Schrank zu nutzen. Lagern und Anziehen sind Alltäglichkeiten, die man einbeziehen muß. Oberhalb unseres Bades kann man zum Beispiel die Wäsche aufhängen. Dort ist jeder Millimeter genutzt. Wir planen kleine, sehr dichte Einheiten, in denen sich das Wesentliche konzentriert.

Matuschka: Als Architekten wollen wir einen Rahmen bieten, der funktioniert, aber den Bewohnern die Offenheit läßt, sich nach ihren Bedürfnissen einzurichten.

Patzak: Die Einrichtung interessiert uns nur, wenn sich verschiedene Nutzungen überlagern sollen. Wie können die Teile arrangiert werden, wenn da einmal eine Kinovorführung sein soll, wie, wenn wir da arbeiten, wie, wenn da eine Party stattfindet?

Noch mal konkret: Die 30-Quadratmeter-Altbauwohnung ...

Patzak: Du willst ein Bad, du hast ein Kind und willst auch noch da arbeiten. Dann wird es spannend. Wie alt ist das Kind? Wie ist das Licht? Der ganze Rahmen in der Wohnung spielt eine Rolle. Wo sind die Abflußrohre?

Matuschka: Da kommt eine Geschichte ins Spiel, wenn man weiß, wer sind die Schaupieler.

Patzak: Früher waren die Aktivitäten in der Wohnung viel mehr miteinander verwoben. Der Korridor ist eigentlich ein sehr junges Raumelement. Wenn man in alte Bücher über das Berliner Mietshaus schaut, wird in den Küchen und Wohnräumen stets gearbeitet und geschlafen. In der Moderne wurde das immer mehr auseinandergerissen, so daß wir heute nur noch in einem Raum schlafen und in dem anderen Wohnen können.

Matuschka: Und der soziale Wohnungsbau schreibt sogar noch Größen fürs Waschbecken vor.

Patzak: Dabei muß ein Kinderzimmer nicht immer Kinderzimmer bleiben. Aber Gebäude, die auf der Basis angelegt sind, sind wahnsinnig unflexibel. Das Mietshaus bietet dagegen einen großzügigen Rahmen, den man sehr dicht nutzen kann. Interview: Gereon Asmuth