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Tanzen statt Konto plündern

■ Disco in der Schalterhalle: Innenstadtaktionstage mit unangemeldeter Überraschungsparty bei der Sparkasse in den Hackeschen Höfen. Polizei war ratlos

Dumpfe Bässe und schrille Beats tönen am Donnerstag abend aus dem Automatenraum der Sparkasse in den Hackeschen Höfen. Wo sonst friedliebende Bürger ihr Erspartes abheben, raven über 100 Leute zur lauten Musik. Es ist 23 Uhr, und die Menschentraube um den Sparkasseneingang wird immer größer.

Zahlreiche Passanten, die sich in der Partyzone rund um die Oranienburger Straße vergnügen, bleiben stehen und schließen sich dem seltsamen Treiben an. „Was is'n hier los?“ war die meistgestellte Frage des Abends. Die Antwort: kein Werbefest der Sparkasse, sondern eine Aktion im Rahmen der „Innenstadtaktionswoche gegen Privatisierung, Ausgrenzung und Sicherheitswahn“: Tanz für alle statt Service für Kontoinhaber. Auch die Polizei, die nach einer halben Stunde anrückte, war zuerst verwirrt. Sichtlich überfordert und unschlüssig entschied man sich, zunächst auf Verstärkung zu warten.

Die Partygäste ließen sich nicht stören. Amüsiert betrachteten sie, wie einer der Zivilbeamten ein Plakat der Innenstadtaktionswoche aus der Tasche zieht. Vergeblich suchen drei Beamte im Programm nach der Aktion. Doch die steht nicht drin, und der Einsatzleiter beschließt kurzerhand, daß es sich um eine „spontane Aktion“ handeln muß. Daraufhin begeben sich drei Beamte in die Höhle des Löwen und auf die vergebliche Suche nach einem Verantwortlichen. Zwar dürfe jeder Parties feiern, „aber ordentlich muß es sein“, meint der Einsatzleiter. Und dies sei von der Örtlichkeit her nicht der Fall.

Um die Beamten nicht zu einer Entscheidung zu zwingen, entschlossen sich die Partygäste unter lautem Gejohle, die ungewöhnliche Disco zu verlassen. Sie zogen weiter zum Anbau Mohren- Ecke Friedrichstraße, wo die ganze Woche nachmittags und abends Party ist und Aktionen in der Innenstadt geplant werden. Tobias Singelnstein

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