Klemann macht auf schlank

■ Bausenator möchte die Bauordnung vereinfachen, macht damit aber nach Ansicht der Grünen den Ämtern mehr Arbeit. Grüne fordern eine ökologische Bauordnung

Ob der heutige Tag ein Freudentag für die Häuslebauer werden wird, muß sich erst noch zeigen. Während die von Bausenator Jürgen Klemann (CDU) erarbeitete Neufassung der Bauordnung von den Koalitionsparteien gemeinhin als „Verschlankung“ und „Vereinfachung“ für kleine Bauherren gelobt wird, glauben viele Bauherren noch immer nicht an ein Ende des behördlichen Genehmigungsdschungels. Gleichwohl soll das Gesetzeswerk heute im Bau- und Hauptausschuß abgestimmt und bereits morgen zur Beschlußfassung in die Plenarsitzung des Abgeordnetenhauses eingebracht werden.

Insbesondere die Bauherren von Ein- und Zweifamilienhäusern sollen nach Auffassung des Bausenators von der neuen Bauordnung profitieren. Deren Bauten sollen nämlich künftig von der Genehmigungspflicht freigestellt sein. Um Bauen, wie es Klemann formuliert, „schnell und ohne unnötig lange Verfahrensdauer“ möglich zu machen, müßten insbesondere „Baugenehmigungsverfahren entweder ganz abgeschafft oder aber drastisch reduziert werden“.

Während die Reduzierung der technischen Vorschriften von derzeit 2.000 auf 125 auf den ersten Blick tatsächlich eine „Verschlankung“ markiert, warnt die bündnisgrüne Bauexpertin Barbara Oesterheld vor den Folgen: Anstelle der bezirklichen Bau- und Wohnungsaufsichtsämter, die im Zusammenhang mit der Erteilung einer Baugenehmigung bislang für die Einholung sämtlicher Genehmigungen zuständig waren, soll es künftig am Bauherren selbst liegen, sich die Einzelgenehmigungen einzuholen. Einziger Unterschied: Die Behörde muß nicht zwangsläufig selbst prüfen, sondern kann auch die Gutachten privater Büros kontrollieren. „In Wirklichkeit“, so Oesterheld, „bedeutet das eine Privatisierung öffentlicher Aufgaben zugunsten privater Gutachter.“ Oesterheld fordert statt dessen, für die bisher erbrachten Leistungen der öffentlichen Genehmigungsbehörden Gebühren zu verlangen. Die Baupolitikerin verweist außerdem auf Städte wie München, wo es bereits eine Freistellung gibt. Dort, so Oesterheld, bestehen manche Bauherren geradezu auf einer Baugenehmigung. Nur dann nämlich seien die Behörden verpflichtet, die Bauanträge auf ihre technische Realisierbarkeit zu prüfen. Für viele Bauherren ein weitaus kostengünstigeres Verfahren als private Gutachten bezahlen zu müssen.

Während der Bausenator mit Unterstützung der SPD nunmehr unbeirrt in Richtung „Liberalisierung“ des Baurechts steuert, fordern die Grünen eine „ökologische Bauordnung“. Vorgesehen ist darin unter anderem die Pflicht, bestimmte Wärmeschutz- und Energieeinsparungswerte einzuhalten, einen Brauchwasserkreislauf einzuführen oder Flachdächer sowie Außenwände zu begrünen. Hinter diesem Entwurf, den die bündnisgrüne Fraktion bereits auf zwei Anhörungen mit Experten diskutiert hatte, steckt laut Oesterheld der Versuch, möglichst viel in der Bauordnung zu konzentrieren. „Selbst wenn die Ordnung verschlankt wird“, so die grüne Abgeordnete, „gelten nach wie vor fast fünfzig andere Gesetze.“ Oesterheld setzt auf eine Komprimierung der verschiedenen Bauvorschriften in der Bauordnung.

Eine Vorschrift wurde indessen bereits von der Diskussion um die Neufassung der Bauordnung abgekoppelt. Heimlich, still und leise wollte Klemann die Ablösepflicht für nicht gebaute Stellplätze im Rahmen der Stellplatzverordnung abschaffen. Nach zahlreichen Protesten ist dieses Vorhaben nun nicht mehr im Entwurf der Bauordnung enthalten. Uwe Rada