: Eine Zensur findet statt
■ Polizei vernagelt ein Wandporträt des Berliner CDU-Chefs Landowsky
Berlin (taz) – Der Berliner CDU-Fraktionsvorsitzende Klaus- Rüdiger Landowsky hat ein Brett vorm Kopf. Am Montag abend schwebten Polizisten auf einer Hebebühne der Feuerwehr hinauf zum vierten Stockwerk, um das an einer Hauswand angebrachte Politikerporträt mit Holzlatten zu vernageln. Dies war bereits der dritte Akt des Lehrstücks: „Was ist freie Meinungsäußerung?“ Dreimal seilten sich linke PolitmalerInnen aus einem Giebelfenster ab und plakatierten Landowskys überlebensgroßes Konterfei sowie ein umstrittenes Zitat hoch über einem zentralen Platz in Kreuzberg. Zweimal überpinselte es die Polizei – jetzt machte sie das Bild unkenntlich.
Inhalt des Plakates ist eine Äußerung, die der CDU-Populist und Rechtsausleger vor einigen Wochen im Berliner Abgeordnetenhaus tat: „Es ist nun einmal so, daß dort, wo Müll ist, Ratten sind, und daß dort, wo Verwahrlosung herrscht, Gesindel ist. Das muß in der Stadt beseitigt werden.“ Über dem Zitat prangten drei Köpfe: Joseph Goebbels, Franz-Josef Strauß und Landowsky. Die beiden ersten sollen ähnlich gehetzt haben. Die Polizei erkennt nun eine „Verunglimpfung“ des CDU-Chefs wegen der „Aneinanderreihung der Fakten“: Goebbels, Strauß, Landowsky. Die Ordnungstruppe rückte mit Latten an, obwohl das Verwaltungsgericht die Polizei schriftlich aufgefordert hatte, die Wandmalerei vorläufig nicht zu entfernen. Um die politische Satire vor der Deckfarbe des Staates zu schützen, hatte der Maleranwalt vorher eine einstweilige Anordnung beantragt. Der Trick der Polizei: das Plakat sei nicht zerstört, sondern unter den Brettern noch vorhanden.
Landowsky gilt als einer der mächtigsten Männer der Stadt. Als Vorstand der Hypothekenbank, einer Tochter der Bankgesellschaft Berlin, organisiert er deren weltweites Immobiliengeschäft. Die Fäden zieht der CDU-Politiker aus den Gesellschaftsräumen des Berliner Tennisvereins Rot- Weiß. Eine Anzeige gegen die PlakatmalerInnen erstattete er nicht. „Auch Polizeipräsidenten spielen Tennis“, meint Wolfgang Wieland, Fraktionchef der Grünen. Hannes Koch
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