: Vielleicht Drogen in winzigen Dosen
■ Die FDP spricht sich (noch) gegen eine Freigabe weicher Drogen aus. Doch sind die Positionen nicht mehr ganz klar
Bonn (taz) – FDP-Chef Wolfgang Gerhardt wurde deutlich auf dem drogenpolitischen Kongreß seiner Partei. Er sprach sich für eine kontrollierte Abgabe von Drogen beziehungsweise Ersatzdrogen wie Methadon durch Ärzte zu Behandlungszwecken aus. Eine Freigabe leichter Drogen will er nicht.
Doch scheint bei Gerhardt das letzte Wort darüber noch nicht gefallen zu sein, ebensowenig wie bei weiten Teilen seiner Partei. In Gerhardts Redemanuskript stand nichts von einer Ablehnung der Freigabe. Er räumte den Argumenten für eine Freigabe viel Platz ein. Seine Ablehnung begründete er damit, neben Drogen wie Alkohol und Nikotin nicht noch weitere Drogen gesellschaftsfähig machen zu wollen. Wie ambivalent die Haltung der Liberalen ist, drückte die Stellungnahme des drogenpolitischen Sprechers der baden-württembergischen Landtagsfraktion, Horst Glück, aus. 50 Prozent der Jugendlichen rauchten Haschisch, sagte er. Die Frage der Jugendlichen: „Wollt ihr uns alle kriminalisieren“, sei daher berechtigt. Er könne sich aber dennoch nicht zu einer Befürwortung der Freigabe durchringen. „Noch nicht“, betonte er. „Dafür bitte ich um Entschuldigung.“
Glück begründete dies damit, die FDP in Baden-Württemberg ecke mit ihren relativ liberalen Vorstellungen ohnehin schon häufig genug an, etwa bei der Frage nach der Errichtung von Konsumräumen für Drogensüchtige. Wenn er sich auch noch wie die Jugendorganisation der Liberalen (Julis) für eine Freigabe von weichen Drogen einsetze, gefährde er die Akzeptanz für jegliche Fortschritte.
Die drogenpolitische Sprecherin der FDP, Sabine Leutheusser- Schnarrenberger, drückte sich um eine klare Aussage zur Freigabe von Drogen, obwohl ihre Rede darauf hinauszulaufen schien. Die FDP-Politikerin bezeichnete die Drogensucht als Krankheit „und eben kein schuldhaftes Laster haltloser und willensschwacher Charaktere“. Sie stellte den Zusammenhang mit sieben Millionen süchtigen Rauchern und über zwei Millionen Alkoholabhängigen her und folgerte: „Würde man für alle Suchtmittel die strafrechtliche Prohibition einführen, dann wären wir ein Volk von Straftätern.“
Weitgehend einig waren sich die Diskussionsteilnehmer, daß die Prävention verstärkt werden müsse. Die Plakataktion „Keine Macht für Drogen“ sei zwar bekannt, aber wirkungslos. Rolf Hüllinghorst von der Deutschen Hauptstelle für Suchtgefahren wies darauf hin, daß für Vorsorge lediglich 20 Millionen Mark pro Jahr ausgegeben werde und schloß daraus: „Prävention findet in Deutschland nicht statt.“ Markus Franz
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