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Schwarz-Rot spekuliert weiter

■ Debatte um Immobilienverkauf in Koalitionsrunde. Zahl von 25 Milliarden hat nichts mit Wert der Grundstücke zu tun

Die beiden Regierungspartner von CDU und SPD gehen heute mit wagemutigen finanziellen und terminlichen Vorstellungen in die nächste Koalitionsrunde. Das Gespräch zwischen den Koalitionsspitzen findet open end im Senatsgästehaus statt. Es geht dabei um die Parlaments- und die Bezirksreform sowie die mehrfach aufgeschobene Frage der Vermögensveräußerungen.

Der Verkauf des sogenannten Tafelsilbers wird, wie berichtet, seit einigen Tagen mit horrenden Beträgen gehandelt. Zwischen 25 (SPD) und 50 Milliarden Mark (CDU) seien „auf einen Schlag“ über die Verwertung immobilen Vermögens zu erzielen. Immobilienexperten schütteln mit dem Kopf. Das würde den Berliner Grundstücksmarkt vollends kaputtmachen, heißt es. Solcherlei Rechnungen seien unseriös.

Indes haben die geäußerten Zahlen nach Informationen der taz keinerlei Bezug zu dem tatsächlichen Wert von Grund und Boden des Landes Berlin. Die Zahl 25 Milliarden Mark zum Beispiel resultiert aus der Notwendigkeit, die Zinszahlungen des Landes zu senken. Von jährlich 3,5 Milliarden Mark will Finanzsenatorin Annette Fugmann-Heesing (SPD) um 1 Milliarde Mark herunter – nach einem Rechenmodell hieße das, die derzeitigen Schulden (rund 50 Milliarden Mark) um die Hälfte abzusenken. Aus den zinspolitisch notwendigen 25 Milliarden Mark wurde in der Debatte um die Vermögensveräußerungen flugs der Wert der Liegenschaften.

Nach wie vor aber ist der Senat auf pure Spekulation angewiesen, will er sein Eigentum taxieren. „Das ist eine Riesenarbeit, die mehrere Jahre in Anspruch nimmt“, sagte der „Wertermittler“ Dietrich Ribbert aus Jürgen Klemanns (CDU) Bauverwaltung. Das Vermessungsamt des Klemann-Ministeriums ist dafür zuständig, den Liegenschaftsbestand finanziell einzuordnen. Nach Angaben der Finanzverwaltung ist die lange angemahnte Erfassung der Grundstücke inzwischen abgeschlossen. Nun seien Tausende Vermögenswerte zu bewerten.

Zum Vergleich: Die Hansestadt Hamburg hat nach Informationen der dortigen „Asset-Management- Consulting GmbH“ 45.000 Grundstücke. Die Asset [Vermögensgegenstände, d. Red.] GmbH ist eine Tochter der landeseigenen Hamburgischen Landesbank; sie wurde gegründet, um Vermögen zu erfassen, zu bewerten – und anschließend Vorschläge dafür zu machen, wie die Immobilien sinnvoll dem Markt zuzuführen wären. Ein Finanzexperte der Asset GmbH sagte, sowohl der Zeithorizont der Veräußerung in Berlin als auch die genannten Beträge seien „absolut irreal“. Berlin sei wegen der Teilung und der „Vorratshaltung“ an Grundstücken zu Mauerzeiten in einer weitaus komplizierteren Lage als Hamburg. „Das braucht seine Zeit“, sagte er.

Nach Planungen der Koalition aber sollen nicht genutzte Grundstücke des Landes möglichst noch dieses Jahr zu einem Fonds zusammengefaßt werden. Ein nicht näher benannter Treuhänder (Banken, Unternehmensverbände) solle anschließend dem Senat mit einer Einmalzahlung (25 Milliarden Mark) aus der Zinsfalle helfen, die Grundstücke aber nur stückweise an den Markt bringen.

Die Vermögensveräußerung steht im Zusammenhang mit den Beratungen zum Haushalt 1998, der ein Loch von rund 10 Milliarden Mark aufweist. Im August ist in einer Senatsklausur zu klären, wie der Etat auszugleichen ist. Die SPD setzt auf Ausgabensenkung und Vermögensverkauf; die CDU will gleichfalls veräußern, aber gleichzeitig mehr Schulden aufnehmen. Das ist laut Haushaltsstrukturgesetz derzeit nicht möglich. Christian Füller

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