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Hague ernennt seine Rentnerband

Das Schattenkabinett des neuen britischen Chefs der Tories gleicht einem Heim für pensionierte Minister. Vom lauthals verkündeten Neuanfang fehlt bei den Konservativen jede Spur  ■ Aus London Ralf Sotscheck

Einen Neuanfang wollte er wagen, so hatte es der frisch gewählte Tory-Chef William Hague versprochen. Jetzt hat er sein Schattenkabinett vorgestellt: Es signalisiert alles andere als einen Neubeginn, sondern vielmehr die Rache der Rechten für Margaret Thatchers Sturz vor sieben Jahren.

Ganz deutlich wird die Sehnsucht Hagues nach dem Thatcherismus mit der Ernennung von Cecil Parkinson zum Generalsekretär. Diesen Posten hat er schon einmal bekleidet – unter der Eisernen Lady. Doch damals war die Partei an der Macht, und der Generalsekretär hatte großen Einfluß auf die britische Politik. Diesmal soll Parkinson lediglich verhindern, daß die Konservativen sich in Flügelkämpfen aufreiben.

Der Richtungsstreit ist ohnehin vorerst entschieden. Hague vergab die Posten an alle, die sich noch rechtzeitig auf seine Seite geschlagen hatten. Ex-Innenminister Michael Howard ist außenpolitischer Sprecher, der frühere Parteivorsitzende Brian Mawhinney ist für Inneres zuständig, Peter Lilley würde Schatzkanzler, wenn die Tories irgendwann einmal die Wahlen gewinnen sollten. Selbst Hagues Widersacher vom rechten Flügel, John Redwood, der ihn bis zuletzt erbittert bekämpft hatte, bekam ein Amt: Er kümmert sich um Handel und Industrie.

Die Ernennung seiner Rentner- Combo – 17 der 20 Schattenkabinettsposten gingen an ehemalige Kabinettsmitglieder – hat Hague den Vorwurf eingebracht, er verfolge eine „ewiggestrige Tagesordnung“. Drei frühere Minister, die nicht dem rechten Lager angehören, haben die ihnen angebotenen Posten ausgeschlagen. Virginia Bottomley und John Gummer wollen „frei sein für andere Tätigkeiten“, der frühere Schatzkanzler Kenneth Clarke hat mit Hagues europafeindlichem Team nichts im Sinn. Ihm ist die Stelle als Finanzmanager beim Fußballclub Nottingham Forest angeboten worden. Er soll dafür sorgen, daß alles reibunglos verläuft, wenn der Verein an die Börse geht. Nottingham Forest ist gerade aus der obersten Spielklasse abgestiegen. Das gleiche gilt auch für Clarke.

Norman Fowler, der für Umwelt, Transport und Regionales zuständig ist, kann als einziger dem linken Parteiflügel zugerechnet werden. Er sagte in einem Fernsehinterview am Sonntag, die Tories müßten nun „die politische Mitte besetzen“. Im selben Programm widersprach ihm der Schattenminister für kulturelles Erbe, Rechtsaußen Francis Maude: Dank der Tories sei die Mitte längst nach rechts gerückt.

Hague hat seine erste Kampagne dem innerparteilichen Kampf gegen „Sleaze“ gewidmet, den schmuddeligen Korruptionssumpf, der zu der verheerenden Wahlniederlage der Tories beigetragen hat. Hague will Parteispenden aus dem Ausland verbieten und durchsetzen, daß er Parteimitglieder – und dazu zählen auch Abgeordnete – hinauswerfen kann, wenn sie Schande über die Tories bringen.

Das erste Opfer dürfte Jonathan Aitken sein. Der frühere Minister im Schatzamt stand auf der Gehaltsliste der saudiarabischen Königsfamilie, war in dunkle Waffengeschäfte verwickelt, hat das Unterhaus belogen, vor Gericht einen Meineid geleistet und versucht, Zeugen zu kaufen oder einzuschüchtern. Am Freitag blies er einen Verleumdungsprozeß gegen den Guardian ab und muß nun umgerechnet mehr als vier Millionen Mark Prozeßkosten berappen. Seine Frau hat die Scheidung eingereicht, und Aitken droht eine Gefängnisstrafe. Der Hinauswurf aus der Partei scheint da ein eher geringfügiges Problem.

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