: Leuna-Geschäft beschäftigt Parlamentarier
■ Zum Finanzdeal von Elf Aquitaine und Thyssen soll der frühere CDU-Schatzmeister Leisler Kiep vor einem Untersuchungsausschuß aussagen
Bonn (taz) – Der Bundestags- Untersuchungsausschuß zu DDR- Vermögen wird in dieser Woche ein heißes Eisen anpacken. Walther Leisler Kiep, bis 1992 Schatzmeister der CDU, soll nach dem Willen der SPD so bald wie möglich vor dem Gremium aussagen – über einen entsprechenden Antrag wird am Donnerstag abgestimmt. Im Blickfeld steht die Rolle Kieps bei der Privatisierung der DDR- Raffinerieanlagen in Leuna, Zeitz und des ostdeutschen Tankstellennetzes Minol. Es sei bislang unklar, so hieß es gestern aus SPD-Kreisen in Bonn, in wessen Auftrag der CDU-Politiker überhaupt tätig geworden sei. Die Treuhand hatte 1992 dem französischen Konzern Elf Aquitaine und Thyssen den Zuschlag für den Kauf und die Modernisierung von Leuna erteilt.
Die höchst verworrenen Umstände des Geschäfts brachten in Frankreich kürzlich mehrere Spitzenmanager von Elf hinter Gitter, gegen den Exchef von Elf, Loik Le Floch-Prigent, wurde Anklage erhoben. Vor allem ein angebliches Schmiergeldkonto, das mit Billigung der Elf-Konzernspitze eingerichtet worden sein soll, sorgt in Frankreich für immer neue Schlagzeilen. Daß von diesem Konto, auf das Thyssen 13 Millionen Mark überwies, mit Wissen Kieps Zahlungen an die CDU geflossen sein könnten, hatten französische Zeitungen mehrfach kolportiert. Dies war umgehend von Kiep dementiert worden. Er sei lediglich als Vermittler in dem Leuna-Deal tätig gewesen.
Doch ein Bericht der Berliner Zeitung bringt jetzt den früheren CDU-Schatzmeister in arge Erklärungsnot. Ausgerechnet 1992, als die Treuhand grünes Licht für den Leuna-Kauf gab, überwies nämlich die Thyssen-Tochter Rheinstahl Technik 35.000 Mark an die CDU – so aufgelistet im CDU-Rechenschaftsbericht, den Kiep unterschrieb. Belastet wird dadurch auch der Thyssen-Konzern, der angeblich seit der Spendenaffäre Anfang der 80er keine Gelder an Parteien mehr gezahlt hat. Die SPD will im Untersuchungsausschuß dazu per Rechtshilfeabkommen auch französische Ermittlungsberichte anfordern.
Bislang stochert der Ausschuß, der sich seit rund sechs Wochen dem Thema widmet, weitgehend im Nebel herum. Ein von der Treuhand-Nachfolgerin BvS angeforderter Bericht zu den Elf/Thyssen- Geschäften wird wohl erst im Oktober den Abgeordneten vorliegen. Die SPD überlegt, ob nicht auch 24 Aktenbände zum Verkauf von Leuna/Zeitz/Minol aus dem Treuhand-Untersuchungsausschuß der vergangenen Legislaturperiode hinzugezogen werden.
Pikant daran ist, daß die Berichte bislang niemand gelesen hat, weil sie erst kurz vor den Wahlen 1994 vorlagen. Auch das Tagebuch des früheren Treuhand-Vorstands und heutigen sachsen-anhaltinischen Wirtschaftsministers Klaus Schucht hält die SPD für interessant. Die Eintragungen des SPD- Politikers, die Details zum Leuna- Geschäft enthalten sollen, hat Schucht dem Bundesarchiv übergeben und für 20 Jahre sperren lassen. Möglicherweise könne das Tagebuch dem Ausschuß doch zur Verfügung gestellt werden, hieß es gestern aus SPD-Kreisen. Einziger Nachteil: die Öffentlichkeit bleibt außen vor. Denn sowohl das Tagebuch wie auch die 24 Aktenbände unterliegen der Vetraulichkeit. Severin Weiland
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen