Heftige Kritik eröffnet Rio-Nachfolgekonferenz

■ Auf der UN-Versammlung „Fünf Jahre nach Rio“ fordert Bundeskanzler Kohl eine Waldschutzkonvention. Umweltschützer zweifeln an konkreten Ergebnissen

New York (AFP/taz) – Im Schatten der gescheiterten Umweltabsprachen unter den G-7-Staaten am Wochenende begann gestern die UN-Sondergeneralversammlung „Fünf Jahre nach Rio“. Mehr als 65 Regierungschefs werden dort bis Freitag Bilanz ziehen, was seit dem Umweltgipfel 1992 geleistet wurde. Jeder hat etwa sieben Minuten für seine Rede.

Die Europäer wollen nach den für sie enttäuschenden Ergebnissen in Denver auf der UN-Sonderkonferenz in New York weiter für konkrete Umweltpolitik kämpfen. Kommissionspräsident Jacques Santer kündigte an, daß die Europäische Union „bindende Verpflichtungen“ anstrebe.

Bundeskanzler Helmut Kohl (CDU) hatte die Haltung der USA, Kanadas und Japans beim Weltwirtschaftsgipfel in Denver heftig kritisiert. Er wollte in New York vor allem den Startschuß für Verhandlungen über eine internationale Waldschutzkonvention erzwingen, die von den USA abgelehnt wird.

Kohl sagte, die europäischen Länder könnten offenbar sehr viel größere Fortschritte vorweisen als die USA. Auf keinen Fall würden sich die Europäer einverstanden erklären, daß das Bezugsjahr für die Reduzierung des klimaschädlichen Kohlendioxisausstoßes von den Werten von 1990 auf den höheren Ausstoß im Jahr 1995 heraufgesetzt werde.

Bundesumweltministerin Angela Merkel (CDU) erwartete dabei harte Auseinandersetzungen um den Schutz des Klimas und der Wälder. Auch die Waldschutzkonvention, sagte Merkel, müsse ein „Instrument mit Zähnen“ werden. Der BUND-Vorsitzende Hubert Weinzierl bezeichnete die Erfolgsaussichten in New York aber als „düster“.

Allein der Präsident des Bundesverbands der Deutschen Industrie, Hans-Olaf Henkel, zog eine rein positive Bilanz. „Wenn fünf Jahre nach Rio die Öffentlichkeit das Erreichte überwiegend negativ einschätzt, ist das objektiv falsch“, erklärte Henkel. Die Selbstverpflichtung der Industrie zum Klimaschutz zeige, daß „Crash-Programme“ unnötig seien.

In New York hielten gestern Vertreter von Ureinwohnern in Afrika, Asien und Lateinamerika ein „Internationales Tribunal der Völker“ ab: Zahlreichen Konzerne verletzten Menschenrechte und zerstörten ihre Umwelt. Der Shell-Konzern etwa betreibe in Nigeria „ökonomischen Terrorismus“, erklärte ein Sprecher des Ogoni-Volkes.

Der Tibeter Tenzing D. Sharchok warf der chinesischen Regierung vor, sein Land ohne Beteiligung des tibetischen Volkes wirtschaftlich auszubeuten. urb