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Schöne neue Verkehrswelt in Mitte

Schaustelle von unten: Der BUND stellt seine Planungen für eine umwelt- und menschenfreundliche Mobilität in Mitte aus. Ausbau der Velorouten und des Straßenbahnnetzes, Schloßplatz wird zum Park  ■ Von Bernhard Pötter

Ein Sommermorgen im Jahr 2007: Fröhlich pfeifend schwingt sich Rudi Radler auf sein Fahrrad. Er fährt auf der Ost-West-Fahrradroute durchs Brandenburger Tor und weiter entlang des begrünten Boulevards Unter den Linden mit breiten Bürgersteigen und zwei Fahrstreifen bis zum Schloßplatz. Dort trifft er sich mit Freunden im Park. Danach steigt er in die Straßenbahn, die durch die Leipziger Straße zum Potsdamer Platz fährt. Auf dem Rückweg nimmt er die Tram durch die autolose Friedrichstraße, um in Ruhe bei „Galeries Lafayette“ einzukaufen. Mit seinen Tüten steigt er in die Tram, die ihn in die Spandauer Vorstadt bringt. Dort genießt er die nächtliche Ruhe in der verkehrsberuhigten Zone mit seiner Freundin, die zu ihm von der Jannowitzbrücke an der Spree entlanggeradelt ist.

So schön könnte das Leben in der Innenstadt sein, wenn es nach dem BUND ginge. Die Naturschützer haben im Rahmen der „Schaustelle von unten“ ihre Vorstellungen von der „Zukunft des Verkehrs in Mitte“ unter dem Stichwort „mobil ohne auto“ in einer Ausstellung an der Humboldt- Universität zusammengefaßt. Ziel ist für den BUND nicht die Utopie der flächendeckenden Blümchenwiese, sondern sind konkrete Planungen für die Umsetzung des vom Senat festgelegten Verhältnisses von 80:20 zwischen ÖPNV und Autoverkehr. Im Detail sehen die Pläne eine Kurskorrektur der bisher betriebenen Verkehrspolitik für die City Ost vor:

Velorouten: Der BUND fordert die Umsetzung des Velorouten- Konzeptes durch Mitte: Auf der Wilhelmstraße und der Markgrafenstraße sollen Nord-Süd-Fahrradwege auf der Straße abgezeichnet werden, in Ost-West-Richtung die Zimmerstraße und Unter den Linden ausdrücklich als Radroute ausgeschildert werden. Ziel: deutliche Erhöhung des mit bisher 6 Prozent niedrigen Anteils des Rades am Verkehr.

Tramlinien: Statt des Kleckerns der Verkehrsverwaltung will der BUND klotzen: Die umstrittene Tram vom Alex zum Potsdamer Platz und weiter zur City West soll mit einer Abzweigung durch die südliche Friedrichstraße gebaut werden. Im nördlichen Bereich der autofreien Friedrichstraße sehen die BUND-Planer eine Straßenbahn vor, die vom Alex durch das Regierungsviertel zum Lehrter Bahnhof fährt und die geplante und teure U5 überflüssig macht. Vom Lehrter Bahnhof soll eine neue Tram am Brandenburger Tor vorbei zum Potsdamer Platz und weiter nach Kreuzberg fahren.

Unter den Linden soll von einer jetzt schwer überquerbaren Rennpiste zu einem Boulevard werden: Eine Fahrspur plus Busspur auf jeder Seite, Bepflanzung und Aufwertung des Mittelstreifens, breite Bürgersteige mit Cafés und einer Umgebung, die den Flaneur zum

Schloßplatz bringt. Hier wollen die BUNDler den Grundriß des alten Schlosses auf dem Dach des erhaltenen Palastes der Republik und auf dem Boden des entsiegelten Schloßplatzes durch einen Garten wiederherstellen: Um einen gepflasterten Platz, der den Schloßinnenhof nachzeichnet, wuchert ein Park mit vier Gastronomie- und Ausstellungshäusern. Am Wasser entlang führt der

Radwanderweg durch die City: Durch Verbindung bestehender und neuer Fuß- und Radwege will der BUND die Ufer zwischen Jannowitzbrücke und Regierungsviertel durchgängig öffnen: Ein Ufer soll den Fußgängern vorbehalten bleiben, das andere zwischen Radlern und Sohlengängern geteilt werden.

Die Spandauer Vorstadt schließlich, in der laut BUND bereits jetzt 60 Prozent der Familien kein Auto haben, soll flächendeckend verkehrsberuhigt werden. Neben dem Rückbau der Magistralen wie der Oranienburger Straße soll es ein Nachtfahrverbot für Autos geben, Anwohnerautos sollen in Parkzentren konzentriert werden. Die kurzen Wege sollen zu Fuß, mit Fahrrad oder per ÖPNV zurückgelegt werden.

Die Umweltschützer verstehen das Konzept als Alternative zu den Veranstaltungen der „Schaustelle Berlin“. „Wir wollen Umweltsenator Strieder und Verkehrssenator Klemann einladen und mit ihnen über unsere Ziele diskutieren“, meint BUND-Planer Bernhard Weyrauch. Strieder soll sich zu den Befürchtungen der Naturschützer äußern, bei der Umsetzung seines ansonsten vom BUND begrüßten Masterplans werde das wenige Stadtgrün zuerst zugebaut, Straßenrückbauten würden aber wegen der viel größeren Probleme kaum realisiert werden. Klemann schließlich wird sich fragen lassen müssen, was er für die Umsetzung des Tram-Konzeptes für die Innenstadt tut. Bernhard Pötter

„Die Zukunft des Verkehrs in Mitte“, Landwirtschaftlich-Gärtnerische Fakultät der HU, Invalidenstraße 42, nahe U-Bahnhof Zinnowitzer Straße, geöffnet bis 14. Juli Mo.–Fr. 8–20, Sa. 8–14, So. 12–18, Eintritt frei

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