piwik no script img

Borttscheller umringt von schwarzen Schafen

■ Borttscheller redet „rufschädigend“über Baubranche / Verstimmung in seiner Sozietät - Gerüchte über Ausschluß dementiert

Große Empörung in der betroffenen Baubranche hat eine flapsige Bemerkung von Innensenator Ralf Borttscheller ausgelöst. „Am Bau herrschen gelegentlich Sitten, die mit bürgerlicher Elle nicht zu messen sind“, hatte Borttscheller in einem Journalistengespräch gesagt (vgl. taz 25.6.). „Völlig unqualifiziert“sei das, schimpfte gestern der Vorsitzende der Arbeitsgemeinschaft Freier Wohnungsbau, Michael Bongartz. Die 18 mittelständischen Unternehmen, die er vertritt, legten Wert auf ihren guten Ruf. „Schwarze Schafe“gebe es überall, kontert Bongartz, „es wäre fatal, würde sich herausstellen, daß dazu die Nordgrund GmbH bzw. ihr geschäftliches Umfeld gehörte“.

„Rufschädigend“und eine „Verunglimpfung einer ganzen Branche“seien die Bemerkungen des Senators, meint die Bauindustrie Bremen-Niedersachsen. Hauptgeschäftsführer Wolfgang Bayer empfindet die Borttscheller-Äußerung als „massive Beleidigung“der Unternehmen und Arbeitnehmer. Man solle, sagt er an die Adresse von Borttscheller, nicht „Steine auf andere werfen, wenn man im Glashaus sitzt“.

„Seitdem Borttscheller aktiv in der Bauwirtschaft tätig ist, hat offensichtlich sein Rechtsbewußtsein Schaden genommen“, kommentiert der Grüne Abgeordnete Martin Thomas die Affäre. Die Grünen forderten Transparenz für alle Nebentätigkeiten von Senatoren.

In der Tat hat gerade Borttschellers Mandant und Geschäftspartner Roland Zimmermann einen denkbar schlechten Ruf in der Baubranche. Er hat in den 70er Jahren mehrfach mit den Gerichten zu tun gehabt wegen seiner Geschäfte. Seitdem ist er nicht mehr selbst in rechtlich verantwortlicher Position in Firmen. An der „Nordgrund“, an der auch die Senatoren-Gattinnen Borttscheller und Nölle jeweils einen Anteil von 25 Prozent halten, hat eine „Zimmermann-Beteiligungs-GmbH“auch einen 25-Prozent-Anteil, die der in Athen lebenden Schwester des Architekten Roland Zimmermann gehört. Er handelt aber als Prokurist in Bremen für diese Firma.

Borttscheller war Zimmermanns Anwalt nicht nur bei den Ermittlungen wegen Konkursbetruges, sondern auch im privaten Scheidungsverfahren.

Hartnäckig hielten sich gestern Gerüchte in der Stadt, Borttscheller sei von seiner Kanzlei Strahmann, Kulenkampff & Co vor die Tür gesetzt worden worden. Die Repräsentantin der Kanzlei, Marianne Strah mann, erklärte gegenüber der taz zu der Frage nach einem Ausschluß Borttschellers aus ihrer Sozietät zunächst: „Sie bekommen von mir keinerlei Auskunft.“Später erläuterte sie, Borttscheller sei mit Amtsantritt als Gesellschafter ausgeschieden. Ob er nach der Senatorenzeit wieder eintreten könne, dazu wolle sie sich nicht äußern.

Der Innensenator, der bis zum Wochenende eigentlich Urlaub machen wollte, dementiert strikt: „An der Meldung ist nichts dran“, versicherte er. Verständlicherweise wolle die Sozietät aber nicht in die Kampagne gegen ihn hineingezogen worden.

Er selbst hatte allerdings seine Anwalts-Kollegin Strahmann in seine Sache hineingezogen: Die Bild-Zeitung hatte behauptet, die geschiedene Frau seines Mandanten und Geschäftspartners Architekt Zimmermann, die vom Sozialamt leben mußte, sei zum Scheine in seiner Kanzlei untergebracht worden. Falsch, hatte Borttscheller dementiert, sie sei in der Immobilienfirma des Ehemanns der Sozietäts-Vorsteherin Strahmann beschäftigt worden. Offenbar doch zum Schein, um Gelder am Sozialamt vorbeizulenken, wie die Bild-Zeitung behauptet: Bei der betreffenden Immobilienfirma Klingmüller hat eine Frau Zimmermann auch in den letzten Jahren nicht gearbeitet. Wieso Borttscheller ihren verstorbenen Mann da hineingezogen und behauptet hat, Frau Zimmermann habe bei der Firma ihres kürzlich verstorbenen Mannes gearbeitet, das kann sich die Anwältin, Frau Strahmann, überhaupt nicht erklären. Mehr möchte sie dazu nicht sagen. K.W.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen