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Betr.: Ute Wohlgemuth

Ute Wohlgemuth, 42, Schauspielerin, Lehrerin, verheiratet, zwei Kinder: Arbeiten zu gehen war für mich immer selbstverständlich. Doch hatte ich zehn Jahre lang das Glück, künstlerisch frei arbeiten zu können. Wir haben uns einen alternativen Theaterbetrieb aufgebaut. Ich habe getanzt und geschauspielert. Quasi „nebenher“ gründete ich mit meinem späteren Mann eine Familie. Die Kinder habe ich überall hin mitgenommen – in Theaterworkshops, die ich gab, oder in die Tanzetage, wo ich Flamenco lernte. Als die Kinder in die Schule kamen, konnten wir nicht mehr so häufig auf Tournee gehen. Nach der Öffnung der Mauer wurden die Subventionen eingestellt. Schweren Herzens ging ich in meinen erlernten Beruf. Mein Mann hat ja keine anerkannte Ausbildung. Seit vier Jahren ernähre ich die Familie von meinem Lehrerinnengehalt. Mein Mann unterstützt mich, erledigt viel im Haushalt, gibt mir Anerkennung. Seit einem Jahr habe ich den verstärkten Wunsch, künstlerisch mehr zu machen. Meine Verantwortung fürs Familieneinkommen läßt mir aber wenig Zeit dafür. Möglich ist so etwas nur am Rande der Belastbarkeit. Der innere Drang danach ist zu stark, um in der Freizeit einfach nur zu leben wie viele Schulkollegen. Und selbst wenn ich mich damit begnügen würde, hätte ich immer noch den inneren Spagat auszuhalten zwischen der Angestellten im öffentlichen Dienst und der involvierten Dame des Ratibor-Theaters. Wie ich mich auch entscheide, jedenfalls werde ich in der nächsten Zeit als Lehrerin die Familie ernähren und damit auch ein Theater am Leben erhalten, das ohne meinen Mann, der kein Einkommen hat, schließen müßte. Der Mensch, heißt es, wächst mit seinen Aufgaben. Manchmal frage ich mich, wie groß ich wachsen kann, bis ich platze.

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