piwik no script img

Betr.: Ute Kissling

Ute Kissling, 26 Jahre,

Volontärin an einer Journalistenschule: Ich gebe zu, ich mag keine Kinder. Wenn sie morgens in Horden mit Chipstüten und Walk-Men mein S-Bahn- Abteil stürmen, suche ich mir einen anderen Wagen. Bis wieder eine Bande reinkommt und sich neben mich drängelt.

Eigentlich habe ich Kinder noch nie gemocht. Ich finde sie laut und lästig. Und anstrengend. Mir reicht es, hier und da mal Kinder von Freundinnen zu sehen. Nachher weiß ich wieder, wie glücklich ich sein kann, kinderlos zu leben.

Vor allem die Vorstellung, nie wieder Ruhe zu haben, finde ich erschreckend. Ich brauche eh schon soviel Zeit für mich, zum Lesen, zum Entspannen.

Und wie ich dann noch Kinder und Beruf vereinen soll, ist mir schleierhaft. Ich will Karriere machen, aber mit Kindern geht das nicht. Dann ist man im Beruf nicht gut und vernachlässigt auch die Kinder. Ich sehe das bei einigen Kolleginnen, die auf dem Zahnfleisch gehen. Oder, schlimmer noch, man sitzt zu Hause, während der Mann das Geld verdient. Und schleichend wird man immer abhängiger, bis man um jede Mark für den Friseur betteln muß. Ich habe nicht Jahre studiert, um dann als Heimchen im Haushalt zu verkümmern.

Und dann müßte ich ja auf alles, was im Leben Spaß macht, verzichten. Keine Kneipen, kein Theater oder Kino, kein entspanntes Lesen, keine spontanen Besuche oder weiten Reisen. Ständig ist da jemand, der etwas will. Und dann überhaupt: sich ewig auf dieses Kinderniveau begeben zu müssen. Die meisten Mütter reden nur noch in Babysprache oder über ihre Kinder. Über was anderes kann man sich mit denen kaum mehr unterhalten.

Schon jetzt komme ich gerade so zurecht, ohne mich allzu überfordert zu fühlen. Mit Kind – unvorstellbar. Schließlich bin ich selbst noch nicht ganz erwachsen.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen