: „Sand ins Getriebe“ der Love Parade
■ Gabber-Techno-Fans rufen zur Hate Parade am 12. Juli auf: Protest gegen die Kommerzialisierung der Love Parade
Erst eins, dann zwei, dann drei, dann vier... Wenn es mit den Ankündigungen von Paraden so weitergeht wie bisher, kommt die Stadt am 12. Juli in einen regelrechten Karnevalsrausch.
Nachdem die Veranstalter der Love Parade Mitte der Woche vor dem Verwaltungsgericht gegen den Bund für Umweltschutz (BUND) und eine einjährige Anwohnerin obsiegten, laufen sich nun auch die anderen Gegner des Massenspektakels warm. Allen voran der Frankfurter Diskjockey Martin Kliehm alias DJ „Trauma XP“. Unter dem Motto „Hate Parade“ ruft Kliehm alle Fans von „Gabber und Hardcore“ zur Teilnahme an einem Gegenumzug zur Love Parade auf.
„Wir begrüßen alle, die Sand ins Getriebe der Love Parade streuen, wenn die Aktionen geil und originell sind und weder Leuten noch Sachen schaden“, sagt der DJ. „Wer in einer Menge von einer Million Leuten Flaschen wirft, ist wahnsinnig“, verwahrt er sich gegen einen in den vergangenen Wochen von Autonomen und Punks verbreiteten gleichnamigen Aufruf zur Teilnahme an einer Hate Parade am selben Tag.
Dessen unbekannte Verfasser wollen wie berichtet als „Abrißkommando Reichshauptstadt“ nach Berlin kommen und mit „Schutt und Asche“-Aktionen zum Auftakt blasen, damit die „Chaostage von Hannover“ bis zum Jahr 2000 an die Spree verlegt werden. Der Frankfurter DJ Kliehm hält es für gut möglich, daß der Aufruf der Punks und Autonomen nur ein Fake ist. Die Anhänger der autonomen Hate Parade mobilisieren für den 12. Juli um 14 Uhr zum Ernst-Reuter Platz, wo auch die Love Parade beginnt. Kliehm wird seine Hate Parade dagegen um 15 Uhr vor dem Bunker in Mitte starten und auf dem Schloßplatz beenden.
Im Gegensatz zur Love Parade sei die von ihm geplante Hate Parade wirklich eine politische Veranstaltung, sagt der DJ. „Fun haben und trotzdem eine politische Aussage machen“ ist sein Credo. Er hofft, daß über 1.000 Hardcore- Fans zum Beat einer eigens aus England mitgebrachten 3.500-W- Anlage gegen die Love Parade und die Kommerzialisierung des Techno demonstrieren. Weitere Forderungen: „keine Schließung des Bunkers, kein Ausverkauf des Scheunenviertels, Nazis raus“.
In seinem bürgerlichen Leben ist der 29jährige Martin Kliehm Sanitäter. Am Wochenende verwandelt er sich zu „Trauma XP“ und legt Gabber-Hardcore mit einer Mindestgeschwindigkeit von 200 Beats in der Minute auf. Der kommerzielle Techno ist viel langsamer. „Trauma XP“ gehört damit einer Minderheit unter den Techno-Fans an. „Hardcore und Gabber“ würden von den Veranstaltern der Love Parade ausgegrenzt. 1991, bei der letzten Love Parade, an der „Trauma XP“ selbst teilnahm, sei dies noch anders gewesen. „Inzwischen geht es schon lange nicht mehr darum, zu zeigen, was Techno und House ist, sondern nur ums Kohle machen.“
Das NOlympik-Komitee und die „Agentur für Alternativen in der Husemannstraße“ wollen die Hate Parade laut Kliehm unterstützen. Auch mit dem Tacheles hat er Kontakt aufgenommen. Aus dem Tacheles hieß es, man werde sich mit Kliehm zwar treffen, aber mit einem Wagen an der Love Parade teilnehmen. Plutonia Plarre
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