: Mehr Rechte für Männer
■ Rechtsausschuß billigt neues Kindschaftsrecht
Seit Jahren ringen Familienpolitiker um eine Reform des Kindschaftsrechts, die nichteheliche Kinder besserstellen und Scheidungskinder schützen soll. Ob das, was gestern in Bonn vereinbart wurde, tatsächlich den Kindern nützt, wird erst die Praxis zeigen. Denn das neue Recht ist vor allem ein Recht für Väter. Begrüßenswert ist, daß künftig auch nicht verheiratete Paare für ihre Kinder das gemeinsame Sorgerecht beantragen können, leben doch fast eine halbe Million unverheirateter Elternpaare mit Kindern zusammen.
Schon der Passus über das Besuchsrecht lediger Väter aber dürfte für heftige Diskussionen sorgen: Väter, die mit der Mutter des gemeinsamen Kindes nie verheiratet waren, haben jetzt ein Recht auf regelmäßigen Kontakt mit ihrem Nachwuchs. Väterinitiativen werden sich freuen, die immer wieder die Rechtlosigkeit lediger Väter beklagt haben, die zwar Unterhalt zahlen müssen, aber ihre Kinder nicht zu Gesicht bekommen. Noch umstrittener ist die Frage des gemeinsamen Sorgerechts nach einer Scheidung. Der Rechtsausschuß hat jetzt festgelegt: Künftig bleibt bei einer Scheidung das gemeinsame Sorgerecht der Eheleute bestehen, es sei denn, einer der Partner beantragt die alleinige Sorge. Der Partner, bei dem das Kind seinen „Lebensmittelpunkt“ hat, soll in Fragen des täglichen Lebens, also über Flötenstunde etc., allein entscheiden dürfen. In „grundsätzlichen Fragen“, wie etwa der Schulwahl und Operationen, muß aber der getrennt lebende Elternteil zustimmen. Die Aufteilung in alltägliche und grundsätzliche Entscheidungen soll das übliche Hickhack vermeiden helfen, bei dem geschiedene Paare noch Jahre nach der Trennung ihre gegenseitigen Aggressionen über Erziehungsfragen ausagieren. Wer die Hauptbetreuung leistet, hat auch mit dem gemeinsamen Sorgerecht die meisten Rechte.
Das neue Kindschaftsrecht antizipiert den vielbesungenen „neuen Vater“, der sich von Herzen gern um seinen Nachwuchs kümmern will, ganz gleich, welches Verhältnis zur Mutter besteht. Bisher sind solche Väter aber nicht die Regel. Nach älteren Untersuchungen jedenfalls hatte die Hälfte der geschiedenen Väter ein Jahr nach der Scheidung keinen Kontakt mehr zu den Kindern. Ein Recht des Kindes auf Umgang mit dem Vater wird auch mit dem neuen Gesetz nicht festgelegt. Barbara Dribbusch
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