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Sieben Jahre Haft für die Tötung eines Punks

■ Das Magdeburger Jugendgericht verurteilt einen 17jährigen, der im Februar in Magdeburg einen Gleichaltrigen mit Stiefeltritten und Messerstichen getötet hat

Magdeburg/Berlin (rtr/taz) – Sieben Jahre lang wird der 17jährige Markus J. im Jugendgefängnis sitzen. Mit einem Butterflymesser hatte er im Februar den gleichaltrigen Frank Böttcher erstochen. Er hatte ihn zufällig an der Endhaltestelle der Straßenbahn in Magdeburg-Neuolvenstedt getroffen. Zuerst schlug er den schmächtigen Jungen zusammen, dann trat er mit seinen Springerstiefeln auf ihn ein. Als Frank Böttcher schon am Boden lag, stach er zu, siebenmal. Frank Böttcher starb, weil er Punk war. Markus J. suchte ihn als Opfer, weil er sich zur rechtsextremen Skinheadszene im Neubaugebiet zählte.

Diese Motivation sah das Jugendgericht als gegeben an, als es Markus J. in nichtöffentlicher Verhandlung verurteilte. J. hatte nach Angaben einer Gerichtssprecherin politische Motive bestritten. Geleugnet habe er die Tat nicht.

Im Prozeß hatte ein Gerichtsmediziner erklärt, sowohl die Verletzungen durch die Tritte als auch die Messerstiche für sich allein hätten zum Tod von Frank Böttcher geführt. Auf dieses Gutachten stützte sich die Jugendkammer, als sie befand, Markus J. habe den Tod von Frank Böttcher vorsätzlich herbeigeführt. Eine Verurteilung wegen Mordes habe man ausgeschlossen, weil J. sein Opfer nicht gekannt habe und er zudem wegen hohen Alkoholkonsums in jener Nacht nur vermindert schuldfähig gewesen sei. Das sagte die Gerichtssprecherin.

Die Staatsanwaltschaft hatte neun Jahre Jugendhaft wegen Totschlags gefordert. Nach dem Urteil kündigten sowohl Verteidigung als auch Staatsanwaltschaft an, in Revision gehen zu wollen. Der Rechtsanwalt von Markus J. erklärte seine Überlegung damit, Hauptursache für solche Gewalttaten sei in erster Linie die hohe Arbeitslosigkeit unter den Jugendlichen im Stadtteil Neuolvenstedt. Wäre sein Mandant in einem anderen Stadtviertel Magdeburgs aufgewachsen, hätte er die Tat möglicherweise nie begangen. roga

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