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Treffsichere Hysterie

■ Tödliche Schüsse eines Polizisten ohne Folgen

Die gute Nachricht zuerst: Die Polizei schießt relativ selten gezielt auf Menschen. In neun von zehn Fällen soll es Tiere treffen. Unabhängige Untersuchungen zum polizeilichen Schußwaffengebrauch weisen nach, daß es der Polizei seit Mitte der siebziger Jahre gelungen ist, den gezielten Schußwaffeneinsatz gegen Menschen deutlich zu verringern. Nun die schlechte Nachricht: Die Fälle von Schußwaffeneinsatz mit Todesfolge haben nicht im gleichen Maße abgenommen. PolizeibeamtInnen schießen zwar seltener auf Menschen, aber wenn, dann häufiger mit tödlichem Ergebnis.

Spricht das für die verbesserte Qualität polizeilicher Schußwaffenausbildung? Warum ist das Ergebnis dann schnell so katastrophal wie im Fall Dener – oder bei den neun polizeilichen Todesschüssen, die 1996 zu beklagen waren?

Kaum eine Woche vergeht, ohne daß Politiker und Polizeigewerkschaftler vor der steigenden Gewaltbereitschaft und der zunehmenden Bewaffnung von Straftätern warnen. Auf PolizistInnen wirkt der Alarmismus ebenso wie auf die Bürger – er verkürzt den (unzulässigen) Griff zur Waffe. Freisprüche wie in Hannover sind untauglich, um zum Nachdenken anzuregen. Auch eine Diskussion um die richtige Polizeibewaffnung ist verfehlt.

Offensichtlich hat sich die Gesellschaft daran gewöhnt, nur noch die herausragendsten Fälle zur Kenntnis zu nehmen. Polizeiliche Todesschüsse werden inzwischen auf der Ebene der Lokalberichterstattung abgehandelt. Eine fatale Entwicklung. Denn damit ist der härteste Indikator für innerstaatliche Gewaltfähigkeit und -bereitschaft einer gesamtgesellschaftlichen Beobachtung entzogen. Hier ist wieder mehr Sensibilität gefordert. Ansonsten wird die Empörung um den Freispruch für die Tötung von Halim Dener ungewollt zur Farce. Otto Diederichs

Bericht Seite 4

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