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Nicht brauner als andere

■ Wieder Kirchen-Anschlag in Lübeck, wieder mit rechtsradikalem Hintergrund

Der Pastor der evangelischen St. Augustinus-Gemeinde in Lübeck ist fix und fertig: „Innerlich zittere ich noch immer. Nicht, weil es jetzt unsere Gemeinde getroffen hat, sondern weil es überhaupt schon wieder passiert ist“, sagt Friedrich Fallenbacher. In der Nacht zum Sonntag wurde seine Gemeinde im Stadtteil St. Jürgen Ziel eines Anschlags. Gestern nahm die Polizei im Laufe der Ermittlungen einen 33jährigen Mann fest, der als „polizeibekannt“gilt. Sie ermittelt jedoch nach eigenen Angaben weiterhin „in alle Richtungen“(siehe auch Seite 1).

Bei dem Anschlag entstand geringer Sachschaden. Auf der Fassade prangen mehrere Hakenkreuze, daneben der Satz: „Harig, wir kriegen dich.“Die Gemeinde des Lübecker Pastors Günter Harig gewährt einer algerischen Familie Kirchenasyl. Der Name des Pastors war in den vergangenen Wochen bei der Brandstiftung in der katholischen St. Vicelinkirche im selben Stadtteil sowie bei mehreren Hakenkreuzschmierereien aufgetaucht.

„Wir stehen fest zu unserer Entscheidung, einer algerischen Flüchtlingsfamilie Schutz zu gewähren“, erklärte Harig gestern abend. „Ich höre natürlich die Bedrohungsbotschaft, die da rüberkommen soll“, bekannte er. „Aber ich gehöre nicht zu den Menschen, die ihr Verhalten durch Drohungen ändern.“

Der Anschlag am Wochenende war der dritte Angriff auf eine Lübecker Kirche in den vergangenen fünf Wochen. Seit drei Jahren reißt damit die Serie von Anschlägen mit rechtsradikalem Hintergrund nicht ab.

Schleswig-Holsteins Innenminister Ekkehard Wienholz (SPD) glaubt jedoch nicht, daß Lübeck eine rechte Hochburg. Es gebe dort „keinen organisierten Rechtsradikalismus, der sich anders darstellt als in anderen Teilen Deutschlands.“ lno

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