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Dezentes Kostüm als Marktsegment

Die Frauenmesse top '97 war alles andere als ein esoterischer Flop. Die Frau von heute verlangt nach Handfestem: Karriere, Weiterbildung und Beratung in Gelddingen  ■ Aus Düsseldorf Daniela Weingärtner

Des Weiberlebens ganze Fülle – alle zwei Jahre präsentiert sie sich auf der größten frauenpolitischen Messe Deutschlands, der top in Düsseldorf. Donnerstag bis Sonntag fand sie zum vierten Mal statt. Was 1991 als zaghafter Versuch mit 217 Ausstellern begann, hat sich inzwischen fest im Düsseldorfer Messekalender etabliert. Die Zahl der Aussteller hat sich verdoppelt.

Die Messegesellschaft ist zufrieden: Zwar macht sie mit der top nach wie vor keinen Gewinn. Aber sie kann die Unkosten im Werbeetat verbuchen. Die Frauenmesse ist gut fürs Image und garantiert öffentliche Aufmerksamkeit. Außerdem werden Frauen zunehmend als „Marktsegment“ umworben – sie stellen die Hälfte der Bevölkerung und kontrollieren 70 Prozent der Haushaltsbudgets.

Die bunte Mischung aus Verkaufsmesse, Selbsterfahrungsgruppe und Kuriositätenkabinett, gepaart mit handfesten Bildungsangeboten und Jobbörsen, ist längst keine Insiderveranstaltung für frauenbewegte Missionarinnen mehr. Sechs Jahre später hat sich das modische Bild völlig gewandelt. Ob Sabine Christiansen, die die einführende Diskussion moderierte, ob ihre Gesprächspartnerinnen auf dem Podium oder die Frauen im Publikum: Das dezente schmale Kostüm in beige oder lufthansa-blau war Mehrheitslook.

Skurrile Tupfer fehlten aber nicht. Der Messe-Bügelservice für gestreßte Managerinnen (fünf Blusen pro Messeticket) neben dem Verkaufsstand für Bügeleisen. Der Handlinien-Leseapparat (chinesische Methode) neben dem Forschungsministerium. Im Vergleich zu den vergangenen Jahren bummelten auffallend viele Seniorinnen durch die drei Messehallen, um zu shoppen, weibliche VIPs aus der Nähe zu sehen, aber auch, um Informationen zu bekommen, die für Rentnerinnen interessant sind: Etwa auf die Frage, was die Umstellung auf den Euro im Sparstrumpf anrichten kann. So saßen im Forum „Investition“ mindestens so viele ältere Damen wie bei der Signierstunde mit Christiane Herzog. Bei der Vorbereitung des Podiums zu diesem Thema hatten die Organisatorinnen vom Rationalisierungs-Kuratorium der Deutschen Wirtschaft Personalprobleme. Bislang gibt es nämlich in ganz Deutschland nur zwei Brokerinnen – eine davon stand auf der top Rede und Antwort. Statt Sparbücher mit Rendite im Minusbereich und festverzinsliche Wertpapiere sollte frau sich besser ein Aktiondepot zulegen – so der Rat der Finanzexpertin.

Gegen die Schwellenangst entstehen derzeit im ganzen Land Selbsthilfegruppen – Investmentklubs nur für Frauen, die sich regelmäßig treffen zum gemeinsamen Geldausgeben an der Börse. Daß frau nach Börsenkursen süchtig werden kann, hat Renate Schneiders vom Frauen-Investment-Club Mona-Lisa selbst erlebt. Die ehemalige Grundschullehrerin betreibt ihr Hobby seit Jahren mit Leidenschaft. Fachfrauen von Banken in der Nachbarschaft helfen den Klubmitgliedern dabei, ihre eigenen Investmentfonds zusammenzustellen. Einziger Klubzweck ist die Geldvermehrung. Wenn alles gut läuft, ist der monatliche Mitgliedsbeitrag zwischen 50 und 400 Mark gut angelegt: in einem breit gestreuten Aktienpaket.

Das große Interesse an ökonomischen Themen ist ein Trend – das belegten auch die Teilnehmerzahlen für Seminare beim parallel laufenden top-Kongreß. Während manche Frauen die Frage umtreibt, wie sie überschüssiges Geld krisensicher anlegen können, suchen andere nach Möglichkeiten, in der Krise überhaupt noch Geld zu verdienen. Seminare zur Selbsterfahrung und Persönlichkeitsentwicklung – ein Schwerpunkt vergangener Kongresse – werden von den Frauen zunehmend als Hobby nach Feierabend angesehen. Dagegen boomt der Seminarsektor berufliche Aus- und Fortbildung.

Obwohl Frauenjobs in jeder Rezession zuerst gefährdet sind, bestimmten aufmunternde Töne die zahlreichen Gesprächskreise zum Thema „Frauen und gesellschaftlicher Wandel“. Emotionale Intelligenz, Teamfähigkeit und Personalführung seien die wichtigsten Fähigkeiten, die ein Unternehmen vom Mitarbeiter von morgen erwarte – dafür brächten Frauen bessere Voraussetzungen mit als Männer. Jede Hausfrau mit Kleinkind habe mehr Kompetenzen beim Chaosmanagement als ein berufserfahrener männlicher Manager, so Staatssekretärin Christa Thoben im Podiumsgespräch. 1991 habe die top noch Überzeugungsarbeit leisten müssen, daß Frauen für Führungspositionen geeignet seien. Sechs Jahre später werde das von niemandem mehr bestritten.

Ilsa Diller-Murschall vom Müttergenesungswerk dämpfte den Optimismus der Politikerin. Die soziale Innovation der Gesellschaft komme sehr viel langsamer voran als die technische. Nach wie vor seien 95 Prozent aller Väter ganztags berufstätig und erklärten in Umfragen, daß sich ihr Leben durch die Geburt eines Kindes nicht verändert hätte. Nach wie vor mache die Belastung durch unvereinbare Rollenerwartungen Frauen krank. Nach Erkenntnissen der Soziologen ist das Leitbild der Neunziger die „Zuverdiener- Ehe“. Vielleicht erklärt sich daraus die Frauen-Faszination am Superweib und Bestsellerautorin Lind. Hera immerhin schneidet sich ein eigenes Riesenstück von der Geburtstagstorte der Messe Düsseldorf. Und bleibt dabei doch so weiblich, so bescheiden.

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