: Jüdische Gemeinde: Autonomie für Jüdisches Museum
■ Nach der Kündigung des Direktors des Jüdischen Museums in Berlin droht die Jüdische Gemeinde mit dem Abbruch der Gespräche mit dem Kultursenator
Berlin (taz) – Im Streit um die Absetzung des Direktors des Jüdischen Museums in Berlin, Amnon Barzel, erhebt die Jüdische Gemeinde schwere Vorwürfe gegen den Berliner Senat.
Der erst vergangene Woche neugewählte Vorsitzende der Jüdischen Gemeinde zu Berlin, Andreas Nachama, spricht von einem „persönlichen Affront“ gegen ihn und verlangt, daß dem Barzel vorgesetzen Generaldirektor der Stiftung Stadtmuseum, Reiner Güntzer, „jede Zuständigkeit für das Jüdische Museum abgibt“. Sonst werde es keine weiteren Gespräche mit Kultursenator Peter Radunski (CDU) geben.
Barzel war am Donnerstag von Güntzer in Abstimmung mit dem Kultursenator und dem Regierenden Bürgermeister Eberhard Diepgen (CDU) aus „verhaltensbedingten Gründen“ und wegen „unüberbrückbarer Differenzen über die Gestaltung des Museums“ gekündigt worden. Der Grund für den Konflikt: Barzel und die Jüdische Gemeinde fordern eine weitgehende Autonomie für ein Jüdisches Museum, die Kulturverwaltung gesteht dem Jüdischen Museum dagegen nur den Rang einer Abteilung innerhalb des Stadtmuseums zu. Das Jüdische Museum ist derzeit im Berliner Martin- Gropius-Bau untergebracht und soll 1999 in den Libeskind-Bau umziehen.
Ein am Freitag mit dem Kultursenator geführtes Gespräch sei „ergebnislos“ verlaufen, so Nachama. Es sei unfair, daß der frischgewählte Vorstand der Jüdischen Gemeinde überhaupt nicht in die Entscheidungen des Kultursenators einbezogen, sondern vor vollendete Tatsachen gestellt wurde: „Wenn die Stadt ein Jüdisches Museum plant, ohne die Jüdische Gemeinde daran zu beteiligen, dann soll sie es tun.“ Nachama wies darauf hin, daß es vorrangig um die Inhalte des Museums gehen solle, Personalentscheidungen sollten zuletzt besprochen werden: „Die Zeit bis zu Eröffnung drängt.“
Der neue Vorsitzende der Jüdischen Gemeinde schlug vor, die Verantwortung für das Jüdische Museum und den gesamten Libeskind-Neubau der Berliner Akademie der Künste, der Wissenschaftsakademie oder auch den Berliner Festspielen zu übertragen. Moishe Waks, ebenfalls im Vorstand der Jüdischen Gemeinde, kündigte an, den Konflikt zur „Chefsache“ zu machen und den Regierenden Bürgermeister direkt zu kontaktieren.
Der Sprecher des Kultursenators wies gestern darauf hin, daß ein Rücktritt des Generaldirektors Güntzer nicht in Frage komme. Für eine Kündigung gebe es keine arbeitsrechtliche Grundlage. Julia Naumann
Kommentar Seite 10
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen