Neuer Stadtteil als Opfer der Entspannung

■ Aus der Boehn-Kaserne wird die Gartenstadt-Siedlung Rahlstedter Höhe

„Boehn-Kaserne“prangt in Sütterlin-Schrift auf dem Schild am eisernen Tor. Der Hausmeister des Backsteingebäudes am Timmen-dorfer Weg besteht darauf: „Die Russen waren auch hier in Rahlstedt.“Allerdings weniger als Soldaten denn als wohnungssuchende Aussiedler und auch erst nach 1993: Da nämlich sei die Boehn-Kaserne „der weltweiten Entspannung zum Opfer“gefallen, bis auf wenige Gebäude zur Unterbringung von Kriegsflüchtlingen und Aussiedlern komplett abgerissen und als ein ganz neuer Stadtteil geplant worden.

Letzterer wird „Rahlstedter Höhe“heißen, knapp 5.000 Menschen ein Zuhause bieten, bis 1999 im Gartenstadt-Stil fertig gebaut sein und aus 1620 Reihenhäusern, Stadtvillen, Miet- und Eigentumswohnungen, einer Schule, zwei Kindertagesheimen, einer Sporthalle, einem Sportplatz, einem Alten- und Pflegeheim sowie einem Nahversorgungszentrum mit zwölf Läden und Büroräumen bestehen.

Den Grundstein für den viergeschossigen Mietwohnungsbau und „auf eine gute Zukunft für die Menschen“legte gestern Stadtentwicklungssenator Thomas Mirow (SPD). Was ihm sichtlich peinlich war, denn er, Mirow, sei ja nur „Kriegsgewinnler“einer zeitgleich stattfindenden „schwierigen Senatssitzung“und in dieser Eigenschaft für den wegen des Landesbank-Verkaufs verhinderten Bürgermeister Henning Voscherau (SPD) als Maurer eingesprungen.

An der Planung des 27 Hektar großen Gebiets war Mirow jedoch federführend beteiligt, so daß es ihm nicht schwerfiel zu erzählen, daß es auf dem ehemaligen Exerzierplatz einen großen öffentlichen Park geben werde. Daß eine Obstwiese, ein Rodelberg und ein Spielplatz gebaut würden. Daß das riesige Gebiet zwischen S-Bahn Rahlstedt und U-Bahn Farmsen wohl eines der „letzten seiner Größenordnung“sei, auf dem in Hamburg eine Siedlung in den Maßen eines mittleren Dorfes aus dem Boden gestampft werde. Die Rahlstedter Höhe sei aber, betonte Mirow, zugleich Auftakt für die Umnutzung zahlreicher Gelände in Hamburg, die Post, Bahn und Bundeswehr derzeit aufgäben.

Die ehemalige Boehn-Kaserne ist im März 1996 von der Bundesvermögensanstalt in den Besitz der Baugrundentwicklungsgesellschaft BEG übergegangen. Diese wurde eigens zum Zweck gegründet, ehemals militärische und vergleichbare Liegenschaften einer „neuen, stadtnützlichen Verwendung zuzuführen“und setzt sich aus den Gesellschaftern Hamburgische Landesbank (30 Prozent), Bankhaus Warburg (10 Prozent) sowie, zu je 20 Prozent, drei Hamburger Baugenossenschaften zusammen.

Heike Haarhoff