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Kein „Wünsch dir was“

■ Senat verabschiedete Gesetzentwürfe zur Gebiets- und Parlamentsreform

Voller Stolz verkündete gestern Innensenator Jörg Schönbohm (CDU) die Verabschiedung des Gesetzentwurfs zur Verringerung der Bezirkszahl durch den Senat. Wie vergangene Woche von der Koalition nach zähem Ringen angenommen, soll die Anzahl der Bezirke ab 1999 auf 12 Bezirke reduziert werden. Außerdem soll in der Verfassung festgeschrieben werden, die Stadträte bis zum Jahr 2010 weiter nach Proporz zu bestimmen, die Zahl der Abgeordneten auf 130 zu verringern und die Wahlperiode von vier auf fünf Jahre zu verlängern.

Die Gesetzentwürfe müssen nun im Abgeordnetenhaus eine Mehrheit finden. Auch über die Namen der zukünftigen 12 Bezirke wird das Parlament befinden. Schönbohm sagte in Anspielung auf die Angst vor Identitätsverlusten, „Kreuzberg bleibt Kreuzberg“. In der Gesetzesvorlage heißt es kryptisch „Tiergarten-Mitte-Kreuzberg (Mitte)“. Der Innensenator betonte, daß es nicht um ein „Wünsch dir was“-Spiel gehe. Schönbohm rechnet angesichts des Widerstands der Opposition mit einem „schwierigen Prozeß“. Doch er hofft, daß die Gesetzentwürfe Ende 1997 schließlich vom Parlament akzeptiert werden. Für Ende des Jahres erwartet er „Klarheit für das Wahljahr 1999“.

Der Grünen-Fraktionschef Wolfgang Wieland betonte gestern noch einmal, daß von den Grünen „keine einzige Stimme“ zur Gebietsreform zu erwarten ist. Schon jetzt gebe es einen „breiten Widerstand“, auch von der SPD und der CDU. „Wohlweislich“ hätten die Christdemokraten die Fraktion nicht abstimmen lassen. Rudolf Zotl von der PDS kritisierte gestern den Innensenator, der von einem „entscheidenden Durchbruch“ bei der Gebietsreform gesprochen hatte.

Die vorgerechnete jährliche Kostenersparnis von 203 Millionen Mark durch den Wegfall von Bezirksämtern und Bezirksverordnetenversammlungen entspräche „nicht der Wahrheit“. Zotl befürchtet „einen beträchtlichen Zuwachs an Bürokratie“. Die PDS kündigte für diesen Sommer eine breite Gegenaktion an. Barbara Bollwahn

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