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Lange vor Bad Segeberg

■ Kevin Costner presents: "500 Nations - eine Geschichte der Indianer", eine ehrgeizige und respektable Dokumentation in acht Teilen (Teil 1, 22.05 Uhr, WDR)

Da steht ein smartes Bleichgesicht in Jeans und nicht minder blauem Hemd auf der grünen Wiese, blickt forsch in die Kamera und sagt „Hallo, ich bin Kevin Costner...“ Was nun wahrlich nicht nötig wäre. Denn seit er mit dem Wolf tanzte, kennt den guten Menschen von Hollywood schließlich jedes Kind. Aber letztlich stört Costner diesmal auch nicht weiter, weil er sich bei der achtteiligen Dokumentation über die Geschichte der Indianer im wesentlichen auf die Rolle des Ansagers beschränkt.

Dabei wäre dieses 400minütige Mammutprojekt ohne seine Initiative gar nicht entstanden. Damals, während der Vorbereitungen des „Wolf“-Drehs, soll ihm die Idee gekommen sein, nicht nur eine Episode, sondern die gesamte Historie des indianischen Volkes zu „verfilmen“. Costner machte über seine Firma TIG Productions selbst ein paar Dollar locker, rekrutierte fleißig weitere Geldgeber und fand in Jack Luestig einen Regisseur, der zwischen 1991 und 1994 filmisch zusammensetzte, was Ethnologen, Historiker und Archäologen aus unzähligen Archiven zusammengetragen hatten.

Herausgekommen ist bei dem ehrgeizigen Vorhaben eine mehr als respektable Dokumentation, die sich als Korrektiv zur offiziösen US-Geschichtsschreibung versteht, die noch immer bei Christoph Columbus beginnt.

Pünktlich zu den Karl-May- Festspielen von Elspe bis Bad Segeberg bringt der WDR die – vorwiegend chronologisch geordnete – gute Tat nun erstmals ins deutsche Fernsehen. Und gleich in der ersten Folge („Maya, Mississippi Indianer, Anasazi“) läßt sich ein herausragendes Qualitätsmoment der Produktion bestaunen.

Durch den naheliegenden Mangel an (bewegten) Archivbildern kommen historische Dokumentationen, die sich mit Epochen vor unserer Zeitrechnung beschäftigen, notgedrungen arg off-text-lastig daher. Ein Manko, das Costner & Co. mittels aufwendiger Computertechnologie beheben. So lassen sich hier frühe indianische Stadtanlagen wie „Cahokia“ oder „Pueblo Bonito“ nicht nur als Ruinen und Sandkasten-Rekonstruktionen bestaunen, sondern virtuell durchwandern. Was, gemessen an den Spielereien, die mit dieser Technik sonst so veranstaltet werden, verblüffend viel Sinn macht.

In den weiteren Folgen wird jene mörderische Geschichte nachgezeichnet, an deren Ende von fast 500 indianischen Völkern gerade mal 80 übrigblieben: die Feldzüge der spanischen Eroberer in Mittel- und Südamerika, die verzweifelten Versuche der nordamerikanischen Stämme im 17. Jahrhundert, ihre Lebensräume gegen britische und französische Siedler zu verteidigen, und schließlich das Massaker am Wounded Knee.

Also, falls Peter Hofmann während der kommenden acht Wochen Mittwoch abends keine Zeit haben sollte, weil er noch als Old Firehand in Bad Segeberg im Sattel sitzt, sollte er sich zumindest die Wiederholungen, Samstags um 9.15 Uhr, nicht entgehen lassen. Auch wenn er enttäuscht sein wird, daß Winnetou gar nicht vorkommt. Reinhard Lüke

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