: Clintons erster Atomtest
Die USA probieren Atomwaffenmaterial auf dem Testgelände in Nevada aus. Dies sei aber kein Atomtest im Sinne des Teststoppabkommens ■ Von H.-J. Tenhagen
Berlin (taz) – Die USA haben am Mittwoch ihren ersten Atomtest nach Unterzeichnung des Atomteststoppabkommens gezündet. Doch die Clinton-Regierung beharrt darauf, daß der Versuch mit 75 Kilo konventionellem Sprengstoff und rund 1,5 Kilo Plutonium kein Atomtest im Sinne des Abkommens sei. Der Grund: Der Test sei subkritisch verlaufen, es habe keine Kettenreaktion des Waffenplutoniums stattgefunden.
In einem 300 Meter tiefen Schacht auf dem Atomtestgelände in Nevada waren am Mittwoch nachmittag (Ortszeit) 75 Kilo konventioneller Sprengstoff gezündet worden, um zwei Dutzend Plutoniumscheiben jeweils von der Größe eines Fünf-Mark-Stücks dem Druck der Explosion auszusetzen.
Getestet werden soll nach offiziellen Angaben, wie das Waffenplutonium auf die Druckwellen reagiert, die bei der Explosion entstehen. Die Daten aus diesem Test und fünf noch folgenden werden in den Supercomputern der US- Atomwaffenschmieden ausgewertet und nach Angaben des US- Energieministeriums dazu beitragen, Atomtests mit Kettenreaktionen unnötig zu machen. Statt dessen sollen in Zukunft computersimulierte Bombentests stattfinden. Gleichzeitig seien die Explosionstests notwendig, um die Zuverlässigkeit der teilweise 20 Jahren alten US-Atomwaffen zu garantieren.
Auch soll das Atomwaffenprogramm des Energieministeriums, zu dem die Tests gehören, den USA die Möglichkeit erhalten, jederzeit und ohne Zeitverzug zu klassischen Atomtests auf dem Nevada-Testgelände zurückzukehren. Dies ist expliziter Teil des sogenannten „Stockpile Stewardship and Management Programs“, für das das Energieministerium jährlich mehr als vier Milliarden Dollar ausgeben will.
In einer juristischen Auseinandersetzung mit dem Natural Ressources Defense Council und 21 anderen Umweltorganisationen hat das Energieministerium eingeräumt, daß die geplanten subkritischen Tests „weder ungefährlich noch billig“ seien. Bis zum ersten Test am Mittwoch hatte die Vorbereitung nach unterschiedlichen Angaben schon 77 bis 100 Millionen Dollar verschlungen.
Kritiker vermuten auch einen politischen Hintergrund. „Es muß knallen, damit auch die Republikaner im Senat den Eindruck haben, daß die Atomrüstung in den USA weitergeht“, sagte Stephen Young vom British American Security Information Council der taz. Die US- Zeitung Christian Science Monitor berichtet von Stimmen aus dem Pentagon, die sagen, wenn mit diesen Tests nicht die entsprechenden Ergebnisse erzielt werden könnten, müßte man eben wieder reale Tests aufnehmen. Der Atomwaffenteststoppvertrag steht im Herbst zur Ratifizierung durch den US-Senat an, in dem die Republikaner eine Mehrheit haben.
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