Arbeitsschaffende Phantasie

■ 20 Jahre Aucoop: Die Handwerks- und Ausbildungskooperative feierte Geburtstag

Über der Tür ein innovatives Fahrrad, Marke Eigenbau; irgendetwas von der Volkshochschule hängt im Fenster. Dahinter (bei plattgedrückter Nase) ein Buffet der feinsten Sorte. Alles zusammen ist als solche nicht erkennbar aber stadtbekannt: Die Aucoop, Bremens „Handwerks- und Ausbildungskooperative“beim zwanzigsten Geburtstagsfest.

Leute der ersten Stunde reden. Vor allem ein Herr namens Klotz, ebenfalls nach eigenem Bekennen „stadtbekannt“. Klaus-Dieter Klotz ist hier der Festredner. Geben wir ihm das Wort: „Am Anfang stand die Angst. Die Angst der Politiker. Gerade hatte man das Handwerk aus dem Ostertorviertel raus in die Peripherie befördert. Der Verdacht lag nahe, daß nun die Hausbesetzer von Hannover und Göttingen nach Bremen rüberschwappen könnten“.

Ja, so verhielt es sich vor 20 Jahren. Lang ist's her. Und irgendwie schön war es auch. Herr Klotz war damals Referent für Arbeitsmarktentwicklung beim Senat. Von Staats wegen mußte er sich um die Professoren kümmern, die sich in der Weberstraße engagierten, um mit „Jugendlichen in Berufsnot“selbstorganisiert zu arbeiten und zu lernen: „Das war dann auch wieder suspekt“. Wegen der Marktwirtschaft, die eigentlich ganz anders läuft. Heute läuft die Marktwirtschaft auch nicht mehr so richtig, Herr Klotz ist mittlerweile selbst soetwas wie ein Professor und kümmert sich um „arbeitsplatzschaffende Phantasie“beim Existenzgründen.

Und die Aucoop sitzt immer noch im Viertel und gründet Existenzen: Eine Tischlerei, eine Druckerei, eine Bausanierungsfirma, ein Fahrradgeschäft, eine Schmiede, eine Bauschlosserei und die Aucoop-Werft. Mannomann, es geht voran mit der alten Hansekogge. Manche von den Existenzen nabelten sich längst ab. Der Bereich Elektroinstallation aber blieb das Herzstück des Vereins. Schon wegen der 32 ziemlich bunten Jungs und Mädels, die hier grade ihre Ausbildung machen. 32 plus einer. Stefan Standtke. Neben der Maßnahme für benachteiligte Jugendliche gibt es noch die Werkstatt Elektroinstallationen. Stefan Standtke ist da Umschüler. Alter: 32. In einen Normalbetrieb hätte man ihn nicht eingestellt. Jeden Mittwocherläßt er nämlich früher seinen Arbeitsplatz; wegen des Kindes: „Das (mit dem Kind) kennen die hier aus eigener Erfahrung“.

Wegen der „Erfahrung“gibt es heute auch ein bißchen Hierarchie in der Aucoop – „das“, sagt Stefan Standtke, „kann ich akzeptieren“. Zusammengenommen ergibt das wohl ein Motto für zwanzig Jahre Alternative.

Bleibt noch Frank Schreier, der Mann der letzten Stunde. Frank Schreier beamt die Aucoop ins Internet. Als „Brainlift e.V.“bringt er gemeinsam mit der VHS den Leuten bei, wie man sich in einer Woche Bildungsurlaub eine Homepage legt. Als Internet-Provider vernetzt er Initiativen, Projekte, Kunst. Und bezahlt davon die zwölf PCs fürs Internet-Café. Das wird nach den Sommerferien da, wo just das Buffet gestürmt wird, eröffnet. Gegen eine kleine Registriersumme kann sich dann auch jeder seine eigene E-Mail-Adresse einrichten. „In einigen Jahren wird es Internet-Anschlüsse geben wie heute Copy-Shops“, weiß Frank Schreier, „bei uns auch“. So jung ist also die zwanzigjährige Aucoop.

ritz