: „Wir sind keine Aktenzeichen“
■ Innensenator Borttscheller ließ Togolesen einfach abblitzen
Sie kamen voller Hoffnung und gingen nach einem Besuch beim Innensenator enttäuscht. Dreißig Togolesen wollten gestern auf dem Bremer Marktplatz über Menschenrechtsverletzungen in ihrer Heimat informieren. Diese Menschenrechtsverletzungen werden von amnesty international dokumentiert und vom Bundesaußenministerium bestätigt. Unberechenbar sei der Präsident Eyadema, der Togo seit über 30 Jahren regiert, so steht es im Bericht des Außenministeriums.
„Wir wollen mit den Leuten reden und erklären, daß wir jetzt aus Angst nicht in die Heimat zurück können. Wir werden in eine Diktatur getrieben, unser Leben ist gefährdet,“fast versucht Sherif einen älteren Herrn zu beschwören. „Wer sich ruhig verhält, hat auch in einer Diktatur nichts zu befürchten“, wie einen lästigen Schluckauf stößt der Herr immer diese gleiche Antwort heraus.
Dann wird Eggley Kossi, dem Sprecher der Togolesen, ein Brief von Innensenator Borttscheller übersetzt. In bestem Amtsdeutsch teilt Borttscheller dem Ausschuß „Ausländerangelegenheiten“in der Bremischen Bürgerschaft mit, daß das Oberverwaltungsgericht Berufung gegen abgelehnte Asylanträge der Togolesen nicht zugelassen hat. „An diese Entscheidungen der Verwaltungsgerichte sind die Ausländerbehörden gebunden und verpflichtet, aufenthaltsbeendende Maßnahmen durchzuführen.“Dieser Satz im Borttscheller Brief treibt Eggley Kossi Tränen in die Augen. Spontan wird beschlossen, den Innensenator zu besuchen.
Vor dem Behördengebäude an der Contrescarpe werden Plakate entrollt und Trommeln geschlagen. „Wir sind Menschen, keine Aktenzeichen. Wir müssen dem Senator erklären, daß es für uns zu gefährlich ist, jetzt nach Togo zurückzugehen. Wir wollen ja zurück,“sagt Kossi.
An der Pforte wünschen Sherif, Kossi und Udo Casper von der Flüchtlingshilfe Borttscheller, Staatsrat von Bock oder Sachbearbeiterin Marita Wessel-Niepel zu sprechen; sie hat für den Senator den Brief geschrieben. Es erscheint Pressesprecher Luft mit Polizeibegleitung. Sagt, daß niemand zu sprechen ist, ohne Anmeldung schon gar nicht, und verabschiedet sich: „Es war mir ein Vergnügen.“
Eggley Kossi ist fassungslos: „Sie werden sogar Kinder nach Togo zurückschicken.“„Du darfst nicht so emotional reden“, stößt ihn Sherif in die Seite. „Das verunsichert die Herren.“Bremer Abschiebe-Alltag. schuh
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