Nur nicht nach der Toilette fragen!

■ Wie bewerbe ich mich optimal? Eine kleine Bremerhavener Beraterfirma bietet ihre Dienste an: „Bis Sie Ihr Ziel erreicht haben!“

icht nur, daß der Bewerber auf eine Handwerkerstelle 50 Mitbewerber hat. Oder daß die Mappe der Bewerberin auf eine Sekretärinnenstelle unter 100 anderen Mappen liegt. Oder daß irgendeine Schreibkraft die Mappen nach dubiosen Kriterien vorsortiert. Bewerber können auch noch entsetzlich viel verkehrt machen! Die falsche Klarsichthülle; das unangemessene Paßfoto; eine unbeholfenes Lebenslauf-Layout; die falsche Jacke zum Gespräch. Damit sich Bewerber in der Papierform und im Einstellungsgespräch optimal präsentieren, gibt es Bewerberberater. In Bremerhaven bietet seit einem halben Jahr das Unternehmen FABEDE Fachberater Deutschland G. Gustav Rippke & Partner seine Dienste an. Das vollmundige Versprechen: „Wir coachen Bewerber nach einem ausgeklügelten Konzept solange, bis sie ihr Ziel erreicht haben.“

Nun ist an FABEDE das Imposanteste bislang der Name. Eigentlich besteht die Firma aus Herrn G. Gustav Rippke, der hauptamtlich Manager in einer großen Elektronikfirma ist, und aus Frau Spitzkowsky. Frau Spitzkowsky hat Psychologie und Pädagogik studiert und war früher Lehrerin. Darüberhinaus gibt es ein Büro in Bremerhaven, viel Werbung in Stadtteilen hoher Arbeitslosendichte und wenig Resonanz. Komisch: Frauen melden sich nicht, Arbeitslose melden sich nicht, dabei ist das erste Gespräch zwischen Bewerber und FABEWE gratis. Herr Rippke sagt: „Anlaufphase“, und schätzt, daß diese zwei bis drei Jahre dauert. Danach wollen er und Frau Spitzkowsky von der Firma leben, und am besten noch fünf bis zehn Angestellte dazu.

Herr Rippke hat in seinem Leben in diversen Personalbüros schon 3.000 Bewerbungen studieren und 300 Bewerber herumdrucksen hören können. Er kennt sich aus und weiß, was fehlt. Zum Beispiel das Wissen um die richtige Mappe. Wer mit einer tollen Lackmappe und Unterlagen auf Bütten beim Kfz-Meister vorstellig wird, hat schon verloren. Rippke: „Der Meister hat Ölfinger und mag so eine Mappe gar nicht anfassen.“Eine schlichte Plastemappe und der Lebenslauf in Klarsichtfolie – so könnt's was werden.

Herr Rippke layoutet bei Bedarf die Bewerbungsunterlagen, druckt sie ordentlich aus und gibt Tips für den Tag des Vorstellungsgesprächs (Route planen wg. Pünktlichkeit, um Himmels willen nicht gleich zu Beginn nach der Toilette fragen, für den Job beim Stahlwerk das orange Jackett zu Hause lassen, stattdessen Rollkragenpullover etc.). Anhand von Videos und simulierten Gesprächen mit echtem Streß wird der große Auftritt vor dem Personalchef geübt. Das Ganze ist – bedenkt man, wie schicksalentscheidend schon ein Eselsohr im Zeugnis sein kann – billig. 52,50 Mark kostet die Durchsicht und Besprechung aller Unterlagen; die komplette Gestaltung incl. attraktivem Deckblatt, auf die Stelle hin konzipiertem Lebenslauf und adäquatem Hefter gibt es für 160 Mark. Meist ließen Klienten zwischen 200 und 500 Mark bei FABEDE. Doch was heißt schon „meist“?

Gerade mal zwei, allenfalls drei Anrufer melden sich bei FABEDE in der Woche – bei 25 % Arbeitslosenquote in Bremerhaven. Und trotz einer wahren Werbeoffensive mit Vitrinenwerbung, Internetpräsenz, Postwurfsendungen und Plakaten. Wer glaubt, die Arbeitslosen aus Leherheide würden zum kostenlosen Kontaktgespräch strömen, irrt. Eine Schwellenangst scheint vorzuliegen oder gar die Angst, übers Ohr gehauen zu werden. Darum geht Herr Rippke demnächst noch einen Schritt weiter: Die komplette Beratung gibt es für Arbeitslose solange umsonst, bis eine Bewerbung mit FABEDE erfolgreich ist (dann erst setzt es ein Erfolgshonorar).

Bis dahin ist allerdings das nach einer Garantie klingende Erfolgsversprechen „Wir coachen bis zum Ziel“skeptisch zu betrachten, richtiger wäre natürlich: Wir coachen, solange der Kunde zahlt. Allerdings darf man in der Anlaufphase damit rechnen, daß sich G. Gustav Rippke und Frau Spitzkowski jede erdenkliche Mühe geben, Bewerbern zum Erfolg zu verhelfen, und nicht auf den Pfennig sehen. Denn auch wenn es einen wohlklingenden Namen schon gibt – den guten Namen muß man sich erst noch machen. BuS