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Nonnen legen sich quer für Kirchenasyl

■ In Niedersachsen haben 20 Benediktinerinnen versucht, mit einer Sitzblockade die Polizei an der Abschiebung einer ukrainischen Familie zu hindern. Hannovers Innenministerium bestreitet, daß es sich um Kirchenasyl handelt

Hannover (taz) – Erstmals nach dem „Gemeinsamen Wort der Kirchen“ zum Schutz von Flüchtlingen, das vor zwei Wochen veröffentlicht wurde, hat Niedersachsen gewaltsam das Kirchenasyl gebrochen. Selbst zwanzig Nonnen konnten mit einer Sitzblockade und Gebeten vor der Benediktinerinnenabtei Burg Dinklage ihren ukrainischen Schützling nicht vor dem Zugriff von Polizei und Ausländerbehörde schützen. Der ehemalige Unteroffizier in der Schwarzmeer-Flotte, der sich an Soldatenprotesten beteiligt hatte und deshalb mit seiner Familie fliehen mußte, sitzt nun in Abschiebehaft. Montag soll er nach Angaben des Innenministeriums in Hannover in die Ukraine abgeschoben werden. Die Benediktinerinnen von Dinklage protestierten gegen „die Nacht-und-Nebel-Aktion ohne Vorwarnung“ und erinnerten daran, daß Christen sich „schützend vor einen Menschen stellen müssen“, dem der ihm zustehende Grundrechtsschutz versagt wird.

Wie die Behörden bestätigten, drangen am Donnerstag morgen um fünf Uhr zwei Beamte der Bezirksregierung Weser-Ems in Begleitung von fünf Polizisten in ein Haus der dem Kloster benachbarten kirchlichen Bildungsstätte ein. Der Ukrainer, der mit Frau und Kind seit Januar bei den Ordensschwestern lebt, hatte dem Abschiebekommando zunächst arglos die Tür geöffnet.

Als die Benediktinerinnen noch auf dem Weg zur „Laudes“ (Morgengebet) waren, saß die Flüchtlingsfamilie bereits in einem Polizeifahrzeug. Zwanzig Ordensschwestern setzten sich daraufhin auf den Boden um das Fahrzeug. Sie beteten dort ihren Rosenkranz und blockierten so den Abtransport. Später drohte die inzwischen verstärkte Polizei den Nonnen an, die Blockade aufzulösen. Nach zweieinhalb Stunden gab die Polizei die Angehörigen des Deserteurs schließlich wieder frei und sicherte zu, den Ehemann nicht am gleichen Tag abzuschieben.

Das Innenministerium in Hannover bestritt gestern matt, im Kloster das Kirchenasyl gebrochen zu haben. Die ukrainische Flüchtlingsfamilie habe sich nicht in kirchlichen Räumen, sondern in einer Obdachlosenunterkunft aufgehalten, sagte ein Ministeriumssprecher. Dem widersprach gestern die Priorin des Klosters. Die Flüchtlingsfamilie sei in einem Gebäude untergebracht gewesen, in das das Kloster Menschen in Not oder in persönlichen Krisen aufnehme. Außerdem habe die Äbtissin von sich aus die zuständigen Behörden darüber informiert, daß man der Flüchtlingsfamilie Kirchenasyl gewähre, so Priorin Schwester Renata. Sie hofft und fordert, der Familie die Ausreise in ein sicheres Drittland (wie Kanada) zu ermöglichen – worüber ihr Kloster die Behörden auch informiert habe. ü.o.

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