Das Portrait: Milliardenschwerer Europahasser
■ James Goldsmith
Er wollte John Major dort treffen, wo es am meisten weh tut: an der Wahlurne. James Goldsmith, der es durch Spekulationen zum mehrfachen Milliardär brachte, gründete rechtzeitig zu den britischen Wahlen im Mai seine Referendum Party. Deren einziges Ziel war es, die Briten durch Volksentscheid darüber befinden zu lassen, ob das Königreich in der EU bleiben soll. Den Wahlkampf ließ er sich fünfzig Millionen Mark kosten, mehr als jede andere Partei. In den Wahlkreisen, in denen der jeweilige Tory-Kandidat nicht bedingungslos für das Referendum eintrat, stellte Goldsmith einen Gegenkandidaten auf. Am Ende ging er leer aus. Die Referendum Party gewann keinen einzigen Sitz, die Labour Party machte die Tories ganz alleine fertig – ohne Europa zum Thema zu machen.
In den siebziger Jahren war Goldsmith selbst Labour-Anhänger. Labour- Premier Harold Wilson ernannte ihn zum Lord, doch als Margaret Thatcher an die Macht kam, schwenkte er zu den Konservativen um und füllte ihre Parteikasse mit Millionen. 1991 stieg Goldsmith aus dem Big Business aus, wendete sich gegen Atomkraft und globalen Wettbewerb und trat für Öko-Landbau ein. Weil er in der Europäischen Union „ein großes Unglück“ witterte, gründete er die Referendum Party.
Es war nicht seine erste Partei. In Frankreich hatte er „L'autre Europe“ gegründet, die 1994 mit antieuropäischem Programm auf zwölf Prozent der Stimmen kam und Goldsmith einen Sitz im Europaparlament bescherte. Dort ließ er sich jedoch nur selten sehen. Statt dessen verbrachte er viel Zeit in seiner Villa in Mexiko.
Goldsmith wurde 1933 in Paris geboren. Er war Nachfahre deutsch-jüdischer Bankiers aus Frankfurt. Sein Vater war Ende des 19. Jahrhunderts nach London ausgewandert und wurde Abgeordneter für die Konservativen. Im Ersten Weltkrieg diente er als Offizier in der britischen Armee, bevor er 1917 nach Paris ging und ein Hotel eröffnete. Die Mutter stammte aus der Auvergne, so daß James Goldsmith zeit seines Lebens die britische und französische Staatsangehörigkeit besaß. Er sei so nationalistisch eingestellt, sagte er einmal, daß er zwei Nationalitäten habe.
In der Nacht zum Samstag ist James Goldsmith an Krebs gestorben. Er hinterläßt sechs Kinder aus drei Ehen. Ralf Sotscheck
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen