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Links blinken, rechts überholen

■ Mit Schröder hat Rot-Grün 1998 keine Chance

Wenn nicht alles täuscht, war dies die Ouvertüre des Wahlkampfes 1998. Kohl attackierte in der letzten Woche die „Blockadepolitik“ der SPD in Sachen Steuerreform – der SPD-Kandidat in spe Gerhard Schröder konterte, indem er auf CDU-Terrain Punkte machte. In Bild am Sonntag forderte er alles, was an Stammtischen vermeintlich ankommt: schnelle Abschiebung straffälliger Ausländer, mehr Schutz vor Polen, die „beim organisierten Autodiebstahl nun mal besonders aktiv sind“ (Schröder), der Russenmafia und den anderen üblichen Verdächtigen. „Wir haben lange über die Ursachen von Kriminalität diskutiert und zuwenig über deren Bekämpfung.“ So klingt das zerknirschte, liberale Trauerlied: Schluß mit der Diskussion, jetzt wird aufgerüstet.

Schröder, der Mann, der die Medien liebt und den die Medien lieben, mag als postmoderner Tausendsassa erscheinen. Am Donnerstag redete er im Stern noch Rot-Grün das Wort, nun überholt er Kanther rechts. Solche politischen Crossover sind stets schillernd, ambivalent und von gewissem Unterhaltungswert. Ist Schröders Populismus also eine besonders gewiefte Taktik? Den Gegner auf dem eigenen Feld angreifen, mit ein paar flotten Sprüchen, die im Grunde nichts kosten?

Wohl kaum. Denn es geht nicht um Inszenierung, sondern um Politik. Vor Schröder blies schon Voscherau ins gleiche Horn. Die SPD ist offenbar dabei, sich, ähnlich wie Blairs „New Labour“, als Law-and-order-Partei zu positionieren. Wer dahinter nur ein trickreiches Kalkül vermutet – Schröder holt Mitte-rechts die Stimmen, die Grünen links –, ist naiv. Denn Schröder ist dabei, systematisch alle rot-grünen Reformprojekte zu Bruch zu hauen. Er steht mittlerweile für eine rabiate Standortpolitik und innere Sicherheit, gegen die lästige Umweltbürokratie und, im Zweifel, auch gegen den Euro.

So kommt bei Schröder, wenn man das postmoderne Glanzpapier abzieht, ein klassischer, etatistischer Kanalarbeiter zum Vorschein, der die ganzen liberalen und grünen Bedenklichkeiten für modischen Schnickschnack hält. Seine Taktik ist nicht raffiniert, sondern schlicht: Links blinken, rechts überholen. Das geht selten gut. Die Grünen werden sich an den schmerzlichen Gedanken gewöhnen müssen, daß mit diesem Kandidaten 1998 Rot-Grün nicht zu machen ist. Stefan Reinecke

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